Was kommt danach?

Fulbert Steffensky zur Frage nach Tod und Auferstehung

26. März 2016

Nächtlicher Sternenhimmel mit den Plejaden
Nächtlicher Sternenhimmel mit den Plejaden. (Foto: epd-Bild/Werner Klug)

Nach Jesu Kreuzigung sah es so aus, als hätte der Tod das letzte Wort. Der Karsamstag ist daher ein Tag der Trauer und der Hoffnungslosigkeit. Noch immer weiß kein Mensch, was nach dem Tod kommt. Aber Christen hoffen auf Ostern, auf Auferstehung, auf ein Leben danach. Im evangelischen Magazin chrismon antworten Menschen auf die Frage: "Was kommt danach?", darunter der Theologe Fulbert Steffensky.

"Nicht mutig" heisst dieses kleine Gedicht von Marie Luise Kaschnitz:

Die Mutigen wissen
Dass sie nicht auferstehen
Dass kein Fleisch um sie wächst
Am jüngsten Morgen
Dass sie nichts mehr erinnern
Niemandem wiederbegegnen
Dass nichts ihrer wartet
Keine Seligkeit 
Keine Folter
 
Ich
Bin nicht mutig.

(Marie Luise Kaschnitz, aus: Kein Zauberspruch, Insel Verlag, Frankfurt/M.1972)
 
Ich gehe gerne über Friedhöfe und lese dort, was Menschen über ihre Toten sagen. Ich lese auf einem Grabstein: Auf ewig unvergessen! Auf einem anderen: Zum ewigen Gedenken! Es sind kurzfris­tige Ewigkeiten, die da versprochen sind. Das Gedächtnis ist schon verwittert, ehe die Steine verwittern, die es versprechen. Schon zwei oder drei Generationen nach ihrem Tod wird man den Namen der Toten nicht mehr kennen; den Namen der Menschen, die eines ruhigen Todes gestorben sind; der Kinder, die als Flüchtlinge im Meer ertrunken sind; der jungen Frauen und Männer, die im Krieg zerfetzt wurden, ehe sie gelebt und geliebt haben. Ich ge­stehe, ich bin nicht mutig genug, sie dem Vergessen auszuliefern. Ich bin nicht mutig genug, ihren empörenden Tod als grausames Fakt zu nehmen, dem nichts hinzuzufügen ist. Und so füge ich etwas hinzu. Ich singe (singen geht besser als sagen!): Du aber, meine Freude, du meines Lebens Licht, du ziehst mich, wenn ich scheide, hin vor dein Angesicht. Ich singe es aus Trotz gegen die Zerstörung des Lebens; manchmal aus Trotz und bei geringem Glauben.

Ich erzähle nach, was mir die Bibel erzählt: Der Tod wird nicht mehr sein noch Leid noch Geschrei. Zum Glück muss ich nicht allein für die Geschichten von der Rettung des Lebens stehen. Mein Glaube allein ist zu gering dazu. Ich stimme ein in das große Märchen von der Auferstehung durch den Tod hindurch. Ein Märchen? Natürlich! Die tiefsten Wahrheiten kommen verschleiert in der Gestalt des Märchens, das sich vortastet bis ins Land des gerette­ten Lebens. Ich bin nicht mutig genug, auf diese Geschichten zu verzichten.

Fulbert Steffensky (in chrismon)


Fulbert Steffensky ist Jahrgang 1933 und Professor für Religionspädagogik. Er ist einer der bekanntesten theologischen Autoren im deutschsprachigen Raum.