Kostenloses Lernmaterial für Flüchtlinge

Comenius Institut und andere Bildungsträger plädieren für frei zugängliche Unterrichtsmedien

28. Januar 2016

Flüchtlinge beim Sprachunterricht
Flüchtlinge büffeln die deutsche Sprache. (Foto: epd-Bild/Christian Ditsch)

Bildung ist ein Schlüssel zur Integration von Flüchtlingen – der Arbeitskreis Evangelische Schule beschäftigt sich heute auf einem Fachtag „Flüchtlingsarbeit in evangelischen Schulen“ damit. Um diesen Schlüssel optimal zu nutzen, sollte Lern- und Unterrichtsmaterial möglichst frei und kostenlos zugänglich sein. Dies fordern gemeinnützige Bildungsträger in einem Appell an die öffentliche Hand. Das Material solle auch weiterentwickelt und an die jeweiligen Bedürfnisse angepasst werden dürfen. Jörg Lohrer vom Comenius Institut, das auch zu den Unterzeichnern des Appells gehört, spricht über eine Idee, die im Bildungsbereich schon einige Jahre diskutiert wird.  

Was war der Anlass für den Appell?

Jörg Lohrer: Angesichts der Flüchtlingssituation hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) angekündigt, 130 Millionen Euro in die Bildung für Flüchtlinge stecken zu wollen. Und auch andere Akteure der öffentlichen Hand werden aktiv. Die Bundesregierung will nun auch gezielt Lernmaterialien mit einer freien Lizenz, sogenannte Open Educational Resources (OER) fördern. Wir vom Comenius Institut haben zusammen mit der Zentrale für Unterrichtsmedien im Internet (ZUM) und der Agentur Jöran und Konsorten den Schmerlenbacher Appell initiiert, der im November von 18 Stiftungen, Institutionen, Vereinen und Firmen unterzeichnet wurde. Als gemeinnützig arbeitende Bildungsträger wollten wir uns positionieren. Das Anliegen entspricht ja auch einem evangelischen Selbstverständnis – schließlich wollte Martin Luther die Bibel auch allen Menschen zugänglich machen.

Was wollen sie erreichen?

Lohrer: Ich wünsche mir eine stärkere Vernetzung untereinander. Dadurch, dass wir die Siemens-Stiftung und Wikimedia an Bord haben und auch auf netzpolitik.org über den Appell berichtet wurde, haben wir schon einiges erreicht. In manchen Kultusministerien ist ein Umdenken in Richtung frei lizensierte und offene Lernmaterialien erkennbar. Der Fortschritt des Internets leistet der Entwicklung Vorschub.

Glauben Sie, dass Sie auch die Verlage überzeugen können?

Lohrer: Dort, wo es um bereits vorhandenes Material geht, bewegen sich die Verlage schon. Ich glaube, dass die Finanzierung von Bildungsmaterial künftig nicht mehr über den Verkauf von Büchern oder anderen Medien läuft. Da wird es neue Modelle geben – etwa die öffentliche Förderung oder das Crowdfunding.

Findet die Idee der offenen Quellen auch im kirchlichen Raum Resonanz?

Lohrer: Durchaus.  Die Evangelische Kirche im Rheinland hat ein Positionspapier zur Nutzung von OER verfasst und steht auch in Kontakt mit dem Land Nordrhein-Westfalen bei der Entwicklung elektronischer Schulbücher. Es gibt Beschlüsse auf EKD-Ebene, Bibel und Gesangbuch in elektronischer Form frei zugänglich zu machen. Beim Comenius Institut setzen wir konsequent auf freie Zugänglichkeit – etwa im Bereich unserer Bibliothek oder bei rpi virtuell, einer Plattform zum Austausch von Materialien für den Religionsunterricht. Wir schulen Lehrkräfte etwa darin, wie sie freies Material, Bilder und Ähnliches, im Netz finden können.

Interview: Jörg Echtler


Jörg Lohrer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Comenius Institut, Evangelische Arbeitsstätte für Erziehungswissenschaft e.V. in Münster. Er ist zuständig für den Arbeitsbereich Bildung in der Schule und die Internet-Plattform rpi virtuell.