Nach der Schule erstmal raus ins Leben

Freiwilligenprogramme bieten viele Möglichkeiten, neue Erfahrungen zu sammeln - evangelische Stellenbörse hilft bei der Suche

23. Januar 2016

Freiwilliger Nils Kapost mit Bewohnerin Carry Schroetter im Altenheim der Diakonie in Düsseldorf
Neben dem Einsatz in der Pflege gibt es für Freiwillige inzwischen viele weitere Möglichkeiten. (Archivfoto:epd-Bild/Stefan Arend)

"Nicht sofort wieder büffeln", dachte sich Jakob Schafhausen im vergangenen Frühjahr. Dem Abiturienten war klar, dass er nach dem Schulabschluss erst einmal etwas Praktisches machen wollte. Durch Zufall traf er jemanden, der ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in einer historischen Gedenkstätte absolvierte. Jakob Schafhausen, den Geschichte ebenfalls sehr interessiert, war sich gleich sicher: "Das wäre auch etwas für mich." Seit gut drei Monaten ist der junge Mann nun selbst FSJ-ler, und zwar im "Haus der Geschichte" in Bonn.

So wie Jakob Schafhausen nehmen sich immer mehr Abiturienten nach dem Schulabschluss eine Auszeit, beobachtet die Bundesagentur für Arbeit. Ein öffentlich geförderter Freiwilligeneinsatz sei eine gute Möglichkeit, die Zeit sinnvoll zu nutzen, sagt Christiane Oehler-Wollersheim, Berufs- und Studienberaterin bei der Arbeitsagentur in Siegburg bei Bonn. Für die Abiturienten des nächsten Jahres werde es jetzt Zeit, ihr freies Jahr zu planen: "Die guten Stellen sind schnell vergeben." Das evangelische Internetportal "Ein Jahr freiwillig" hilft dabei.

Studienplatz bleibt reserviert

Ein Freiwilligeneinsatz biete viele Vorteile, sagt die Beraterin: Die jungen Leute könnten erste Berufserfahrungen sammeln und – bei Einsätzen im Ausland – auch ihre Sprachkenntnisse aufbessern. "Wer dann doch schon einen Studienplatz hat, kann ganz beruhigt sein. Denn der wird bis zum Ende des Freiwilligenjahrs reserviert."

Auch Jakob Schafhausen hat seinen Jura-Studienplatz schon in der Tasche. Für seinen Einsatz im "Haus der Geschichte" erhält er ein Taschengeld von 330 Euro im Monat. Da er für seine FSJ-Stelle extra von Darmstadt nach Bonn gezogen ist, bekommt er zusätzlich Wohngeld. Seine Eltern beziehen außerdem weiter Kindergeld für ihn.

Sozial, kulturell oder ökologisch

"Das Angebot öffentlich geförderter Freiwilligeneinsätze ist vielfältiger als gemeinhin bekannt", sagt Oehler-Wollersheim. Viele Jugendliche wüssten gar nicht, dass das FSJ nicht nur in Krankenhäusern oder sozialen Einrichtungen angeboten wird. Auch zum Beispiel Museen, Theater, Opernhäuser, politische Stiftungen oder Parteien beschäftigen FSJ-ler. Daneben gibt es auch noch das Freiwillige Ökologische Jahr. Sogenannte "FÖJ-ler" pflegen zum Beispiel Biotope, sie zählen Tiere in Naturschutzgebieten oder arbeiten im ökologischen Landbau.

Eine weitere Möglichkeit ist der Bundesfreiwilligendienst, der gerade 10.000 zusätzliche Stellen für die Betreuung von Flüchtlingen bereitgestellt hat. Generell entsprechen die Einsatzgebiete der "Bufdis" in etwa denen im Freiwilligen Sozialen Jahrs. Wesentlicher Unterschied: Der Bundesfreiwilligendienst steht nicht nur jungen Leuten, sondern auch älteren Menschen offen. Der Dienst wurde 2011 eingeführt, als die Wehrpflicht und damit auch der Zivildienst abgeschafft wurden. Einen freiwilligen Wehrdienst zwischen sechs und 24 Monaten können junge Männer und Frauen allerdings trotzdem noch leisten.

Gute Beratung empfohlen

Viele Jugendliche möchten nach dem Abitur aber erst einmal ins Ausland. Für sie empfiehlt sich eines der vier öffentlich bezuschussten Auslands-Freiwilligenprogramme. Das ist zum Beispiel der von der EU geförderte Europäische Freiwilligendienst. Wer noch weiter weg will, kann sich beim Internationalen Jugendfreiwilligendienst des Bundesjugendministeriums bewerben, der junge Leute an gemeinnützige Programme weltweit vermittelt.

Die Bundesregierung fördert außerdem zwei Programme zur Mitarbeit in entwicklungspolitischen Projekten: Das ist zum einen der Dienst "weltwärts". Zum anderen gibt es speziell für Kultur- und Bildungsprojekte das Programm "kulturweit". "Wer sich für einen solchen Auslandseinsatz interessiert, sollte sich aber in jedem Fall zuvor gut beraten lassen", rät Regina Schmieg von der Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland. Die Fachstelle bietet bundesweit 50 Beratungsstellen an.

Jakob Schafhausen ist sich sicher, dass es für ihn die richtige Entscheidung war, nicht gleich von der Schulbank in den Hörsaal zu wechseln. "Die Arbeit hier ist eine tolle Erfahrung", sagt er. Für seinen Kollegen Dominik Manickam, der im Jahr 2007 ein Freiwilliges Soziales Jahr im Haus der Geschichte absolvierte, hat sich das auch beruflich ausgezahlt: Gleich nach Abschluss seines Geschichtsstudiums trat er dort in diesem Jahr seine erste Stelle an.

Claudia Rometsch (epd)