Vom Wohnhaus zum Kirchenraum

Ein neues Zuhause für die deutschsprachige evangelische Gemeinde in Guatemala

16. Januar 2016

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Das neue Gemeindehaus der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde in Guatemala. (Foto: Friederike Deeg)

Silbern leuchtet der Schriftzug "Evangelisch-Lutherische Epiphanias-Gemeinde" in der Sonne. Die Buchstaben sind an der Hausfront des neuen Gemeindezentrums der deutschsprachigen Gemeinde in Guatemala angebracht. Zur Einweihung am 10. Januar, dem 1. Sonntag nach Epiphanias, sind so viele Menschen gekommen, dass sie sich im Hof der neuen Gemeinde drängen. Aus dem Gebäude dringen einzelne Fetzen von Musik, da sich verschiedene Chöre und Musikgruppen einsingen. Nicht nur aus der Gemeinde, auch aus der ganzen deutschen Community in Guatemala und von den ökumenischen Partnern sind Menschen zum Einweihungsgottesdienst gekommen. Als draußen Musik einsetzt und der Posaunenchor einige Choräle anstimmt, richtet sich die Aufmerksamkeit auf die verschlossene Eingangstür. Pfarrer Markus Böttcher erklimmt eine Leiter und schreibt den traditionellen Epiphanias-Segen über die Tür: "20*C+M+B+16". "Christus segne dieses Haus".

Wandelbar: Vom Wohnhaus zum Kirchenraum

Gemeindepräsident Harmut Schostak schließt die Tür auf und die Menschen, die feierlich in den Kirchenraum ziehen, staunen: Wo noch wenige Monate vorher ein normales Wohnhaus mit zwei Räumen und dahinter ein Innenhof mit viel Gerümpel zu sehen war, befindet sich jetzt nach dem Umbau ein heller Kirchenraum. Die Glastüren zum Garten sind geöffnet, damit die vielen Gäste auch von dort aus den Gottesdienst mitfeiern können. Selbst wenn sie geschlossen sind, geben sie den Blick auf den schön angelegten Garten frei. Dort sieht man neben Blumen eine kleine grün angestrichene Holzkirche, die für Kinder gebaut wurde, damit sie damit spielen können. Der Kirchenraum für die Großen bietet eine warme, einladende Atmosphäre. Kanzel, Taufstein, Altar und das Kreuz dahinter sind eigens aus einheimischem Holz angefertigt worden.

Die Begeisterung über die wundersame Verwandlung eines einfachen Wohnhauses steht vielen Besuchern ins Gesicht geschrieben. Der Gottesdienst bekommt nicht nur durch den Chor der Epiphanias-Gemeinde und die Schola der einheimischen lutherischen Schwestergemeinde einen festlichen Anstrich: Ein ganz besonderer Höhepunkt sind die Kirchenlieder, die von der "Capilla del Valle de la Asunción" dargeboten werden, einem kleinen guatemaltekischen Ensemble, das es sich eigentlich zur Aufgabe gemacht hat, alte iberoamerikanische Musik zu interpretieren. Schon am Vorabend hatte die Capilla zu einem Konzert von Luthers Liedern eingeladen, die sie auf Anregung der Gemeinde einstudiert hat. "Die Beschäftigung mit den Texten und Melodien von Luther war ungewohnt, aber sowohl inhaltlich als auch musikalisch bereichernd", erzählt der Leiter des Ensembles bei der Einführung in den Abend.

Mit neuem Schwung das Reformationsjubiläum vorbereiten

Das Interesse an Martin Luther geht in Guatemala über den musikalischen Bereich hinaus. Bischof Rodolfo Valenzuela, der Präsident der Bischofskonferenz von Guatemala, äußerte in seinem Grußwort nach dem Einweihungsgottesdienst den Wunsch, gemeinsam mit der Epiphanias-Gemeinde und anderen evangelischen Kirchen in Guatemala das Reformationsjubiläum im Jahr 2017 zu begehen. „Ökumene betreiben nicht nur die Theologen, sondern sie lebt auf der Ebene von Freundschaft, gegenseitigem Kennenlernen und gemeinsamer Aktion“, betonte er. Als Mitglied des päpstlichen Rats für die Förderung der Einheit der Christen ist er schon nach Wittenberg gereist und hat mit verschiedenen Gesprächspartnern über das Reformationsjubiläum geredet.

Der ökumenische Kirchenrat Guatemalas wird nun eine Kommission zur Vorbereitung des Reformationsjubiläums bilden. Die Gemeinschaft der lutherischen Kirchen hat schon verschiedene Ideen, wie sie sich einbringen könnte: Unter anderem sind ein großer gemeinsamer Gottesdienst im Stadion und die Aufstellung einer Luther-Statue auf der "Plaza Berlin" unter den Vorschlägen. Schon in diesem Jahr planen die lutherischen Kirchen eine gemeinsame Fortbildung zum Thema Reformation und ein Forum zur Bedeutung der Reformation in Guatemala, an dem sich neben den historischen Kirchen möglichst auch noch ein Vertreter einer Pfingstkirche beteiligen soll. So hat die Epiphanias-Gemeinde nun nicht nur nach außen hin ein neues, glänzendes Aussehen, sondern wird mit ihrer inhaltlichen Arbeit in die Gesellschaft Guatemalas ausstrahlen.

Friederike Deeg