Prägender Lehrer für viele DDR-Theologen

Der Jenaer Theologieprofessor Klaus-Peter Hertzsch ist im Alter von 85 Jahren gestorben

30. November 2015

Klaus-Peter Hertzsch
Der Theologieprofessor Klaus-Peter Hertzsch während des Deutschen Evangelischen Kirchentages 99 in Stuttgart. (epd-Bild: Falk Orth)

Zu seinen bekanntesten Texten gehört das Lied "Vertraut den neuen Wegen". Das Lied für ein Familienfest im Sommer 1989 war eine Ermutigung zu Vertrauen und Zuversicht. Der Jenaer Theologieprofessor Klaus-Peter Hertzsch schrieb die Verse für eine seiner Patentöchter zur Hochzeit und reflektierte damit auch die anhaltende Krisensituation in der DDR. Am 25. November ist der emeritierte Hochschullehrer im Alter von 85 Jahren in Jena gestorben.     

Das Hochzeitslied machte damals schnell die Runde. Die hastig hergestellten Kopien gingen von Hand zu Hand und wurden in zahlreichen Kirchgemeinden dankbar aufgenommen. Denn Hertzschs Worte trafen genau den Geist jener Zeit, als die Menschen in der DDR auf grundlegende Reformen hofften. Viele von ihnen bestärkte das Lied nachhaltig, sich an den Veränderungen im Herbst 1989 selbst zu beteiligen.

Als Lied 395 ins neue Gesangbuch der EKD – gleichsam nach Redaktionsschluss

Wenige Tage nach dem Mauerfall erklang es in Jena im Gottesdienst zum Abschluss der Friedensdekade. Vor dem Hintergrund dieser ungeahnten Resonanz kamen die Verse noch als Lied 395 ins neue Gesangbuch der Evangelischen Kirche in Deutschalnd (EKD) – gleichsam nach Redaktionsschluss. Dort ist das populäre Lied zugleich so etwas wie das "hymnologische Erbe" der friedlichen Revolution in Ostdeutschland.

1930 in Eisenach geboren, wuchs Klaus-Peter Hertzsch in einem von den Religiösen Sozialisten geprägten Elternhaus auf. Als Theologiestudent gehörte er ab 1949 in Jena zur "Fettbrotgeneration der Jungen Gemeinde". "In Zeiten von Spannungen werden Bibeltexte plötzlich aus sich selbst heraus interessant", war Hertzsch überzeugt. Diese Erfahrung hat er in Jena als Studentenpfarrer, später als Dozent und Professor für Praktische Theologie an Generationen junger Theologie-Studenten in der DDR vermittelt.

In der DDR bleiben für Jena und die ihm anvertrauten Menschen

Das Spannungsverhältnis zwischen Staat und Kirche in der DDR sah er dabei als besondere Herausforderung: "Was hier passierte, war bei allen Problemen interessanter", sagte er auf die Frage, ob das Verlassen der DDR für ihn jemals ein Thema gewesen sei. Sein Bleiben sei "vor allem eine geistliche Entscheidung" für Jena und die ihm anvertrauten Menschen an der Universität gewesen, fügte er hinzu.

Von hier aus vermittelte er zudem mit seinen "biblischen Balladen" zahllosen Lesern eine lebendige Vorstellung von Weltliteratur jenseits des offiziellen DDR-Kanon. Weit über die Grenzen seiner Landeskirche hinaus bekannt geworden ist er als wortgewandter Prediger und bedächtiger Redner. Der Thüringer Landessynode gehörte er über 30 Jahre an. Anfang 2011 wurde Hertzsch zum Ehrenbürger von Jena ernannt. Dort ist vielen noch die bewegende Ansprache von Hertzsch in Erinnerung, mit der er am 26. November 1989 in der Hochschulstadt den Impuls der friedlichen Revolution in der DDR aufnahm und weitergab. 

Thomas Bickelhaupt (epd)