Sich selbst ein Bild machen: Kirchenvertreter besuchen Flüchtlinge in Italien
Landesbischof Dröge bloggt über seine Reise nach Rom
11. Juni 2015
Wie leben Flüchtlinge in Europa, bevor sie nach Deutschland kommen? Und was kann hier dagegen getan werden, dass viele das europäische Festland nicht lebend erreichen? Mehrere Delegationen evangelischer Kirchenvertreter aus Deutschland reisen dieser Tage nach Italien, um sich selbst ein Bild zu machen. Landesbischof Markus Dröge von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz ist vom 10. bis 13. Juni in Rom und berichtet in einem Blog auf evangelisch.de von seinen Erlebnissen: "Mir ist es wichtig, mit den Menschen selbst ins Gespräch zu kommen, ihre Erfahrungen zu hören. Aber auch die Meinung und Wünsche italienischer Politiker und die Sicht von ehrenamtlichen Helfern von Flüchtlingsinitiativen zu erfahren.“ Unter anderem besucht Dröge die Aufnahmestelle Baobab im Stadtteil Tiburtina, wo Flüchtlinge auch eine medizinische Versorgung erhalten.
Gedenken an ertrunkene Flüchtlinge vor Lampedusa
An den Außengrenzen der EU, in Süditalien, informiert sich eine Delegation von evangelischen Kirchenvertretern und Landtagsabgeordneten aus Nordrhein-Westfalen über die Lage der Flüchtlinge. Mit einer Zeremonie im Mittelmeer vor Lampedusa haben sie am 8. Juni an das Schiffsunglück vom 3. Oktober 2013 erinnert.
Die Politiker und Kirchenvertreter besuchen unter anderem Flüchtlingslager auf Lampedusa und Sizilien. Die Ergebnisse der Reise sollen mit Regierungsvertretern und Flüchtlingsexperten diskutiert werden. An einer internationalen Flüchtlingskonferenz in Rom beteiligt sich auch eine weitere Reisegruppe aus NRW, die sich auf Einladung der evangelischen Landeskirchen in Griechenland über den dortigen Umgang mit Flüchtlingen informiert hat.
Mehr europäische Solidarität gefordert
Der Bürgermeister der sizilianischen Stadt Catania, Enzo Bianco, forderte bei einem Treffen mit der Delegation mehr europäische Solidarität im Umgang mit Flüchtlingen. Die gesamte Mittelmeerregion befinde sich in einer Ausnahmesituation, sagte Bianco. Auf der italienischen Mittelmeerinsel seien in den vergangenen Monaten Zehntausende Bootsflüchtlinge eingetroffen. Dies habe in einer der ärmsten Regionen Italiens und Europas nur durch großzügige Unterstützung der Bevölkerung bewältigt werden können.
Konkret verlangte Bianco Änderungen bei der europäischen Grenzschutzagentur Frontex, ein stärkeres Vorgehen gegen Schlepperbanden und schnellere Asylentscheidungen. Er könne sich außerdem vorstellen, dass beispielsweise in Marokko und Ägypten Stellen eingerichtet werden, bei denen Menschen ein "anerkannter Status" für eine legale und sichere Überfahrt nach Europa bescheinigt werden könne, sagte der frühere italienische Innenminister. Er ließ offen, ob er damit sichere Fluchtkorridore meint oder letztlich auch eine Verlagerung der Asylentscheidung oder einer Vorauswahl nach Nordafrika.
epd/ekd.de