Garten Eden und Exodus – Bibelgärten erzählen Geschichten in Grün

In Deutschland gibt es rund 100 Bibelgärten

27. Mai 2015

Bibelgarten Schweinhütt bei Regen im Bayerischen Wald
Foto: epd-bild

Eichenau/Minden (epd). Johanniskraut und Aronstab, Granatapfel oder Rizinus: Wer heimische und exotische Pflanzen kennenlernen möchte, muss dafür nicht unbedingt in einen botanischen Garten gehen. Rund 100 Bibelgärten gibt es in Deutschland. Hier können sich Besucher erholen, an exotischen Pflanzen schnuppern oder Unkraut jäten. Bibelgärten sind beliebt – und ein relatives junges Phänomen der Bildungskultur, wie Pfarrerin Katrin Stückrath, die ein Buch über Bibelgärten geschrieben hat, herausgefunden hat.

Klostergärten haben in der christlichen Kulturgeschichte eine lange Tradition. Vorläufer der Bibelgärten waren allerdings die angelsächsischen botanischen Gärten des 19. Jahrhunderts. Hier wurden bereits Bibelpflanzen präsentiert und erläutert. Der erste Bibelgarten in Deutschland entstand 1979 im Botanischen Garten in Hamburg. 1995 folgte eine Präsentation von Bibelpflanzen auf der Bundesgartenschau in Cottbus, 2003 feierten die christlichen Kirchen das Ökumenische Jahr der Bibel. Seither haben vor allem Kirchengemeinden Bibelgärten eingerichtet – unter anderem, weil sie vorhandene Freiflächen nutzen wollten und neue Formen der Verkündigung suchten.

Der fast erfrorene Feigenbaum schlägt wieder aus

Der "Garten der Bibel" der evangelischen Friedenskirche Eichenau bei München (Landkreis Fürstenfeldbruck) entstand 2002. "Zu jeder Jahreszeit blüht hier etwas", sagt Pfarrer Christoph Böhlau. In den Beeten um das Kirchengebäude herum finden sich Lavendel und Efeu, Eiche und Buchsbaum. "Viele Menschen bleiben stehen und schnuppern an den Pflanzen, sie genießen die Oase", erklärt Böhlau.

Kirch- und Bibelgarten St. Crucis-Kirche Bad Sooden-Allendorf (Foto: epd-bild/Rainer Oettel)
Kirch- und Bibelgarten St. Crucis-Kirche Bad Sooden-Allendorf (Foto: epd-bild/Rainer Oettel)
Ein ehrenamtliches Team kümmert sich um den Garten. "Nach 13 Jahren stoßen wir an unsere Grenzen: Es ist nicht leicht, Nachwuchs zu finden, der den Bibelgarten mit Freude und Sachverstand pflegt", sagt Böhlau. Die Pflege macht viel Arbeit. Manche Pflanzen wachsen nicht richtig an und müssen ersetzt werden. 2013 wurde ein Holzapfelbaum gepflanzt, eine fast vergessene Wildapfel-Sorte. Sogar einen Feigenbaum gibt es. Er fror in einem kalten Winter bis auf die Wurzel zurück, wächst jetzt aber wieder. Im vergangenen Jahr hat er sogar Früchte getragen, freut sich Böhlau.

Wie in den meisten Bibelgärten erläutern in Eichenau kleine Schilder, um welche Pflanze es sich handelt und welche Bibelstelle damit verbunden ist. "Uns besuchen diverse Gruppen, manchmal kommen Schulklassen mit ihrer Religionslehrerin", sagt Böhlau. So wie in Eichenau wurden die meisten Bibelgärten eingerichtet, um Lust zu machen auf eine Beschäftigung mit der Bibel. Meist wird eine Auswahl der 120 in der Bibel erwähnten Bäume, Sträucher, Feld- oder Wüstenpflanzen präsentiert.

Stückrath hat im westfälischen Minden ein Netzwerk für Bibelgärten aufgebaut. Ihren Forschungen zufolge gibt es weltweit etwa 500 Bibelgärten. Etwa zwei Drittel der Anlagen in Deutschland befinden sich in evangelischer Trägerschaft, die übrigen in katholischer. Neben Kirchengemeinden gibt es Bibelgärten auch in Schulen, Universitäten, Vereinen und sogar Krankenhäusern. Bibelgärten entstanden nicht in der Tradition mittelalterlicher Klostergärten, sondern als "säkulare Themengärten", erklärt Stückrath. Auch deshalb verfolgen sie unterschiedliche inhaltliche Konzepte und Ideen.

Der Auszug aus Ägypten in sechs Stationen

Den Auszug aus Ägypten thematisiert der "Moses-Bibelgarten" in Jägerwirth bei Passau. In sechs Hauptstationen werden zentrale Ereignisse aus dem biblischen Buch Exodus mit den entsprechenden botanischen Gewächsen dargestellt. Der Bibelgarten in Schweinhütt bei Regen im Bayerischen Wald wirbt mit einem Rundgang durch die Bibel: Vom Paradiesgarten mit Baum der Verführung, über die Zehn Gebote bis hin zur Grabstätte Jesu werden 25 Bibelstellen vorgestellt. Andere Bibelgärten setzen eher den Schwerpunkt auf die Pflanzenvielfalt.

Für Bibelgartenforscherin Katrin Stückrath wird es in den nächsten Jahren noch viel zu tun geben: Ihrer Ansicht nach hat der Trend zu Bibelgärten nicht nachgelassen. Ihr Netzwerk organisiert alle zwei Jahre eine Bibelgartentagung. 2016 treffen sich die Bibelgärtner im schwäbischen Bad Wörishofen. Zuvor bietet das Netzwerk eine Bibelpflanzen-Studienreise nach Israel an. Denn schließlich heißt es in Lukas 8, 11-15: "Der Same ist das Wort Gottes".

Rieke C. Harmsen (epd)