"Wir wollen nicht klüger sein als Luther"

Die Durchsicht der Lutherbibel steht vor dem Abschluss

6. Mai 2015

Bibel in den Händen des Reformators am Luther-Denkmal Wittenberg
Foto: epd-bild/Steffen Schellhorn

1534 erscheint die ganze Heilige Schrift in deutscher Sprache nach der Übersetzung Martin Luthers – und wird ein Bestseller. Bis heute ist die Lutherbibel der zentrale Bibeltext evangelischer Kirchen. Doch auch dieses Werk ist nicht in Stein gehauen, kein unveränderliches Monument. Mehrfach wurde die Lutherbibel sprachlich überarbeitet, die letzte Revision der Lutherbibel stammt aus dem Jahr 1984. Derzeit wird der Text im Auftrag der EKD durchgesehen und leicht überarbeitet.

Diese Überarbeitung der Lutherbibel steht nun vor dem Abschluss. Bis Ende Juni werde die Arbeit abgeschlossen, sagte Altbischof Christoph Kähler vor der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Würzburg. Im September wird die neue Lutherbibel dem Rat der EKD als Herausgeber vorgelegt. Zum Auftakt der Feiern zum 500. Reformationsjubiläum 2017 werde die revidierte Lutherbibel nach Korrektur und Druck am 30. Oktober 2016 in Eisenach den Gemeinden übergeben, kündigte Kähler an. Zusammen mit dem Münchner Alttestamentler Christoph Levin berichtete der Theologe vor dem evangelischen Kirchenparlament über den Stand der Durchsicht der Lutherbibel.

Der altmodische Sprachklang wird verstärkt

Die aktuelle Revision wird demnach an vielen Stellen den Ausgangstext entsprechend dem Forschungsstand genauer wiedergeben. Bewusst werde man in zahlreichen Fällen zum Wortlaut der Bibelübersetzung von 1545 zurückkehren, sagte Kähler, der mit Levin den 2010 eingesetzten Lenkungsausschuss zur Durchsicht der Lutherbibel leitet.

Der altmodische Sprachklang bleibe und werde etwas verstärkt, sagte Kähler. Je tiefer ein Bibeltext im Gedächtnis der Gemeinden verankert sei, desto weniger dürfe der Text selbst verändert werden. Anpassungen an modernes Deutsch seien nicht gewollt, erläuterte der Thüringer Altbischof. Die Genauigkeit und die sprachschöpferische Freiheit der Übersetzung Luthers machten seine Bibel bis heute zum klassischen Bibeltext deutscher Sprache und zum zentralen Text der evangelischen Kirche.

Wie Levin ergänzte, spricht die revidierte Lutherbibel von "Völker" und "Nationen" statt von "Heiden". Auch werde von "Israeliten" anstelle von "Kinder Israel" gesprochen. "Wir sind inzwischen so bescheiden geworden, dass wir nicht klüger sein wollen als Luther", sagte der Münchner Theologieprofessor. 

Maßgeblicher Bibeltext der EKD und ihrer Landeskirchen

Derzeit ist die zuletzt 1984 überarbeitete Lutherbibel der maßgebliche Bibeltext der EKD und ihrer Landeskirchen für Gottesdienst, Unterricht und Seelsorge. Mit dem Beschluss zur Durchsicht reagierte der Rat der EKD 2010 auf die in Theologie und anderen Wissenschaftsdisziplinen seither erreichten Fortschritte bei der Forschung über biblische Schriften. Treue zum Ausgangstext und gegenüber Luthers Text sowie liturgische Brauchbarkeit sind nach dem Ratsbeschluss Kriterien für die Bibelüberarbeitung. Daran sind mehr als 50 Wissenschaftler beteiligt.

Die Lutherbibel geht zurück auf die Übersetzungen des Reformators Martin Luther und seiner Mitarbeiter zwischen 1521 und 1545. Die Übersetzung des Neuen Testaments erschien im September des Jahres 1522. In den Folgejahren wurden kontinuierlich weitere biblische Bücher übersetzt, bis im Jahr 1534 die erste Gesamtausgabe erschien. Die letzte von Luther selbst durchgesehene Gesamtausgabe der Bibel datiert von 1545.

epd/ekd.de