Wirtschaft und Werte, Datenschutz und Friedensethik

Stuttgarter Kirchentag mit über 2.500 Veranstaltungen

10. April 2015

Kirchentagsprogramm
Gerhard Bäuerle

Keine 100 Tage dauert es mehr, bis der Kirchentag in Stuttgart beginnt. Bis Protestanten aus ganz Deutschland und darüber hinaus ihre Sachen packen, um gemeinsam ein großes Fest zu feiern. Den Deutschen Evangelischen Kirchentag. Einige packen ihre bunten Kirchentagsschals aus den vergangenen Jahren ein, andere sind zum Ersten Mal auf einem Kirchentag. Manche schlafen in Turnhallen, andere in Privatunterkünften oder Hotels. Viele bleiben mehrere Tage in Stuttgart, andere schauen nur kurz vorbei. Doch bei den vielfältigen Veranstaltungen macht das alles keinen Unterschied: Alle sind eingeladen mitzufeiern und den Kirchentag zu erleben.

Das Programm des 35. Deutschen Evangelischen Kirchentages bietet viele Möglichkeiten dazu. Es hat mehrere Schwerpunktthemen. Eines davon lautet „Frieden und Flüchtlinge“. Krisen und Gewalt an vielen Orten der Welt haben die Macher Kirchentagsprogramms dazu bewogen. "Wir steuern zu auf einen Kirchentag in Zeiten, die so brutal, so kriegerisch sind, wie schon lange nicht mehr", sagte Kirchentagspräsident Andreas Barner bei der Vorstellung des Programms.

Ellen Ueberschär, Generalsekretärin des Kirchentages, meint, die Frage nach dem Frieden werde in Stuttgart neu gestellt: nach dem Frieden in der Welt, dem Frieden in der Gesellschaft und dem Frieden in der Kirche.

Open-Air-Podium, Bibelarbeit, Gottesdienst in leichter Sprache – evangelische Kirche präsentiert sich vielfältig

Der Kirchentag vom 3. bis 7. Juni 2015 in Stuttgart steht unter dem Motto: "damit wir klug werden". Die Losung ist abgeleitet aus dem biblischen Psalm 90. Dort heißt es: "Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden." Die Losung drücke die Begrenztheit des Lebens aus "und damit einhergehend die Aufforderung, bewusst zu leben", erklärte Kirchentags-Präsident Andreas Barner.

Die evangelische Kirche ist vielfach bei dem Kirchentag präsent: Beispielsweise findet ein Eröffnungsgottesdienst in leichter Sprache und einer mit ökumenischer Beteiligung statt. Dazu gibt es verschiedene Bibelarbeiten beispielsweise mit Bischöfin Petra Bosse-Huber, Vizepräsidentin des Kirchenamtes der EKD und Leiterin der Hauptabteilung Ökumene und Auslandsarbeit.

Außerdem wird es ein Open-Air Podium zum bevorstehenden Reformationsjubiläum 2017 geben. Der Berliner Bischof Dr. Markus Dröge sowie Dr. Thies Gundlach, Vizepräsident des EKD-Kirchenamtes und Prof. Dr. Gerhard Robbers, Vorsitzender Leitungskreis Reformationsjubiläum, geben Anstöße zum Thema „Was wir feiern“.

Beim „Markt der Möglichkeiten“ präsentiert sich die evangelische Kirche mit zahlreichen Ständen und Projekten. Der Markt der Möglichkeiten bietet Gruppen und Organisationen aus Kirche und Gesellschaft eine Plattform ihre Arbeit darzustellen und von ihren Projekten zu berichten.

Prominenz aus Politik, Kultur und Kirche kommt nach Stuttgart

Insgesamt finden auf dem diesjährigen Deutschen Evangelischen Kirchentag mehr als 2.500 Veranstaltungen statt. Das gedruckte Heft mit den Terminhinweisen umfasst ganze 620 Seiten. Wer es handlicher mag, kann sich auch durch eine kostenlose App für Mobiltelefone über das Programm informieren. Die App weist dem Nutzer auch den Weg zu den verschiedenen Veranstaltungsorten. Sie soll ab Mitte April auf der Webseite des Kirchentags zum Herunterladen bereitstehen.

Zahlreiche Podiums- und Diskussionsrunden greifen das Friedensthema auf. So gibt es beispielsweise eine Veranstaltung mit dem Titel "Die Welt ist aus den Fugen". Der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan, Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und der anglikanische Bischof Nick Baines kommen zu Wort. Sie gehen der Frage nach: Wer übernimmt Verantwortung in Krisen und Konflikten?

Neben dem Friedensthema widmet sich der Kirchentag auch dem Themenkomplex „Demokratie und Daten". Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wird Antworten auf drängende Fragen zum Thema Datenschutz geben. Laut Generalsekretärin Ueberschär ist auch eine Zusatzveranstaltung mit dem Minister zum Thema Kirchenasyl geplant, nachdem de Maizière im Februar scharfe Kritik an der Aufnahme abgelehnter Asylbewerber durch kirchliche Gruppen geübt hatte.

Ein drittes wichtiges Thema auf dem Kirchentag wird "Wirtschaft und Werte" sein. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, diskutiert mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) über das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP. Bedford-Strohm beteiligt sich darüber hinaus an vielen weiteren Veranstaltungen. Unter anderem an einem Podium zum Thema „Wie viel Ethik verträgt das Geschäft?“ und er diskutiert über ein evangelisches Familienbild im Wandel.

Zu dem alle zwei Jahre an wechselnden Orten veranstalteten Protestantentreffen werden über 100.000 Dauerteilnehmer erwartet. Zuletzt kamen zum Kirchentag 2013 rund 120.000 Dauerteilnehmer nach Hamburg.

mit Material von epd