Eine Kirche der Gerechtigkeit und des Friedens

Jährliche Tagung und Studientagung der Konferenz für Friedensarbeit im Raum der EKD

23. Januar 2015

Renke Brahms, Sigurd Rink

Die evangelische Kirche soll zu einer Kirche der Gerechtigkeit und des Friedens werden. Dafür wollen die Teilnehmer der 6. Konferenz für Friedensarbeit im Raum der EKD (KfF) in den Landeskirchen und in der EKD neue Impulse geben und Prozesse fördern.

"Ich bin davon überzeugt, dass friedenstheologische Fragen wieder stärker aufgegriffen und behandelt werden müssen, in den Gemeinden, in den Landeskirchen und auch im Rat der EKD“, sagte Renke Brahms, der Friedensbeauftragte des Rates der EKD, anlässlich der Jahrestagung der KfF. Dafür sei es wichtig, die Friedensethik zu erden und an die Gemeinden anzubinden. "Wir müssen uns dabei auch die Frage stellen, was das konkret für die Arbeit der Kirche vor Ort bedeutet, Kirche des gerechten Friedens zu sein“, erläuterte Brahms. In der KfF vertreten sind die Friedensbeauftragten der EKD-Gliedkirchen, die kirchlichen Träger der Friedensarbeit und der damit verbundenen Werke und Institutionen.

Möglichst viele Gliedkirchen sollen sich auf diesen Weg machen

2013 hatte die Synode der Evangelischen Kirche in Baden mit dem Diskussionspapier "Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens (Lk 1,79)" beschlossen, die badische Landeskirche zu einer "Kirche des gerechten Friedens“ zu machen. Darin verpflichtet sich die Landessynode unter anderem, mindestens einmal im Laufe einer Amtsperiode das Thema "Frieden“ auf ihre Tagesordnung zu setzen. Außerdem ist der Oberkirchenrat gebeten, regelmäßig mit Verantwortlichen in der Politik die Friedensbotschaft der Bibel anzusprechen.

Die Evangelisch­-Lutherische Kirche in Oldenburg und die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck haben dies bereits als Impuls für einen eigenen Diskussionsprozess aufgegriffen. "Es ist sinnvoll und wichtig, wenn sich möglichst viele Gliedkirchen der EKD auf diesen Weg machen“, sagte Brahms.

Die KfF könne dabei für den Austausch von Anregungen und Erfahrungen eine wichtige Rolle spielen, betonte Brahms. Gleichzeitig wies er auch auf die Bedeutung der ökumenischen Dimension dieses Prozesses hin, wie sie etwa im "Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens“ Gestalt gewinnt. Diesen hatte die Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen 2013 im südkoreanischen Busan initiiert.

"Just Policing" - Ausweg aus einem friedensethischen Dilemma?

Mit aktuellen Fragen der Friedenspolitik befasste sich eine Studientagung im Anschluss an die Jahrestagung in der Evangelischen Akademie Villigst. "‘Just Policing‘ als Ausweg aus friedensethischem Dilemma?“ lautete die Frage, der sich die Teilnehmer stellten. Krieg soll nach Gottes Gebot nicht sein, betonte 1948 die Weltversammlung der Kirchen unter dem Eindruck des Zweiten Weltkriegs. Doch angesichts von Terror, Bürgerkriegen oder humanen Katastrophen wird der Ruf nach militärischen Interventionen zum Schutz von Menschen wieder stärker. Vor diesem friedensethischen Dilemma zwischen Interventionsverbot und Schutzgebot sieht die evangelische Friedensarbeit auch Christen stehen.

In der Strategie des "Just Policing“ – dem Einsatz polizeilicher Maßnahmen anstelle von militärischem Eingreifen – sieht Brahms einen "wichtigen Beitrag in dieser ethischen Diskussion, daher sollten wir dieses Konzept auf jeden Fall weiterdenken“. Polizei und Bundeswehr beurteilen das Konzept allerdings kritisch, wie die Tagung zeigte. "Ein Szenario mit einer Alternative zwischen Militär oder Polizei geht an der Realität vorbei“, sagte der frühere Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr, Generalleutnant a. D. Rainer Glatz.

Androhung und Ausübung von Gewalt sind Ultima Ratio

"Just politics“ statt "Just Policing“, diesen Ansatz würde der Münchener Politikwissenschaftler Steffen Eckard begrüßen. Denn die politische Konfliktlösung habe Vorrang. Mit dem Hinweis auf empirische Erfolge will möchte J. Jakob Fehr, Generalsekretär des Deutschen Mennonitischen Friedenskomitees, festhalten am Konzept des "Just Policing. Er kritisierte eine verengte deutsche Sichtweise: "Wir müssen auch schauen, wie dies in asiatischen oder afrikanischen Ländern umgesetzt werden kann.“ Dass ein solches Konzept nicht kurzfristig umgesetzt werden könne, räumte die SPD-­-Bundestagsabgeordnete Ute Finckh-Krämer ein, doch die Zielrichtung müsse bei künftigen Interventionen erkennbar werden.

Der evangelische Theologe Marco Hofheinz ordnete das Konzept „Just Policing“ friedenstheologisch ein. "Nach dem Maß menschlicher Einsicht und menschlichen Vermögens hat der Staat unter Androhung und Ausübung von Gewalt für Recht und Frieden zu sorgen“, so postuliere die Barmer Theologische Erklärung von 1934. Dies beinhalte aber nicht alle beliebigen Mittel, warnte Hofheinz. Androhung und Ausübung von Gewalt seien nicht der Normalfall, sondern die Ultima Ratio. Die Barmer Theologische Erklärung binde Gewalt in den Kontext des Rechts und der Rechtserhaltung ein. "Wenn ,Just Policing‘ sich hier eingliedert, hat dieses Konzept Barmen auf seiner Seite“, so Hofheinz.

Konferenz für Friedensarbeit im Raum der EKD/ekd.de