„Cranach hat bildende Kunst nachhaltig verändert“

Gothaer Kunsthistoriker zur Bedeutung der Cranachfamilie für Kunst und Reformation

07. Januar 2015

Linke und rechte Tafel des Gemäldes von Luas Cranach "Gesetz und Gnade"

Die Gothaer Stiftung Schloss Friedenstein rückt das Wirken von Lucas Cranach dem Älteren (1472-1553) am kurfürstlichen Hof und im Dienst der Reformation ab Ende März in den Mittelpunkt ihrer Ausstellung zum Thüringer Themenjahr „Bild und Botschaft“. Die Reformation hat nach Überzeugung des Gothaer Kunsthistorikers Timo Trümper im 16. Jahrhundert die bildende Kunst nachhaltig verändert.

Erstmals seien Malerei und Grafik in den damaligen Umbrüchen gezielt im Dienst einer politischen Idee eingesetzt worden. Eine zentrale Rolle komme dabei den Arbeiten der Malerfamilie Cranach zu. „Wir wollen nicht einfach viele Cranachs zeigen, sondern verdeutlichen, wie der Hofmaler systematisch zur Verbreitung der Reformation beigetragen hat“, sagte Trümper.

Cranach habe mit den Porträts von Martin Luther, Philipp Melanchthon und anderen Reformatoren der neuen kirchlichen Bewegung „ein Gesicht gegeben“. Auf den Flugschriften und Flugblättern mit antikatholischer Polemik aus der Wittenberger Werkstatt des Künstlers hätten die Bilder in hohen Auflagen eine schnelle und weite Verbreitung gefunden. „Damit wurde Cranach zum Propagandisten der neuen Lehre“, stellte der Kurator fest.

Auch mit seinen Gemälden habe Cranach die reformatorische Bewegung ganz bewusst unterstützt. Ein Schlüsselwerk sei das Gothaer Tafelbild „Gesetz und Gnade“, das Luthers Auffassung von der Erlösung durch Gnade die Verdammnis in der Hölle gegenüberstellt. Dieses zentrale Motiv zur lutherischen Lehre sei „die einzige Bilderfindung der protestantischen Kunst“. In der Ausstellung werde das Bild zusammen mit der berühmten Variante von „Gesetz und Gnade“ aus Prag gezeigt.

In anderen Arbeiten habe Cranach alte Motive in seine Zeit übersetzt und zur Kommentierung tagespolitischer Ereignisse genutzt, erläuterte Trümper. Als Beispiel nannte er das Thema „Judith und Holofernes“, bei dem die Figur der gottesfürchtigen Judith aus dem Alten Testament als Schutzpatronin des protestantischen Schmalkaldischen Bundes gedeutet werden könne. Auch die Darstellung von Luthers Hochzeit mit Katharina von Bora sei „ein politisches Signal“ gewesen.

„Aktuelle Bezüge in der Kunst waren damals etwas völlig Neues“, sagte der promovierte Kunstwissenschaftler. Zudem habe sich Cranach als Bildnismaler bei Hofe ganz gezielt in den Dienst des Kurfürsten von Sachsen gestellt. Kaum jemand anderes habe die protestantische Selbstinszenierung so stark gefördert wie der Kurfürst von Wittenberg: „Das ist politische Kunst mit der Zuspitzung auf die konfessionellen Auseinandersetzungen jener Zeit.“

Besonders deutlich werde diese Tendenz in Arbeiten nach dem 1547 verlorenen Schmalkaldischen Krieg, in denen die unterlegenen Protestanten zu Märtyrern wurden. „Lucas Cranach war ein hochpolitischer Maler, auch wenn das in seinen Bildern manchmal nur versteckt abzulesen ist“, resümierte Trümper. Cranachs Werkstatt habe alle Möglichkeiten geboten, um die Möglichkeiten der damaligen Medienrevolution bewusst für die tagespolitischen Auseinandersetzungen zu nutzen.

Staatliche, kirchliche und gesellschaftliche Akteure begehen 2015 das Themenjahr "Reformation - Bild und Bibel" der Luther-Dekade. Mit der Dekade wird auf das 500. Reformationsjubiläum im Jahr 2017 hingewiesen. (epd)