Nachwuchs auf der Kanzel

In einem Workshop in der Nürnberger Jugendkirche "lux" lernen junge Leute das Predigen

09. Juli 2014

Jugendliche gestalten einen Gottesdienst

Miriam schabt und tippelt mit den Füßen auf dem Steinboden der Nürnberger Lukas-Kirche. Die 18-jährige Schülerin ist ganz schön nervös. Denn gleich soll sie hoch auf die Kanzel: Zum ersten Mal wird sie in der Kirche vorne stehen und predigen. Zuhören wird ihr allerdings nicht die Kirchengemeinde, sondern die Gruppe des Predigtworkshops der Jungen Kirche Nürnberg (lux).

Die sieben jungen Erwachsenen, alle zwischen 18 und 26 Jahren, lernen, wie man auf der Kanzel steht und eine Predigt hält. "Eigentlich entspricht das genau dem Konzept der Jugendkirche lux", erklärt Dekanatsjugendreferentin Daniela Mailänder, genannt Jele, Sie hat diesen Workshop konzipiert und leitet ihn. "Jugendliche machen Kirche - ihre Kirche - selber und füllen sie mit Leben", sagt Jele Mailänder. Dazu gehöre auch, Gottesdienste zu gestalten.

Wer das lutherische "Priestertum aller Gläubigen" ernst nehme, der müsse eben die Gläubigen auch predigen lassen und sie mit dem Rüstzeug und der Begleitung ausstatten, eine Predigt gut zu überstehen, sagt die Jugendreferentin. Also haben die Kursteilnehmer vor der Praxis gebüffelt: Welche Fragen stelle ich an einen Bibeltext? Wie schäle ich dessen Kern heraus? Schließlich gehe es ja darum, Gottes Wort zur Sprache zu bringen, und nicht zu sagen, was man selber so meine, sagt Mailänder. Sie spürt immer wieder: "Jugendliche predigen gern, und sie haben was zu sagen."

Gerade das bemerke sie auch bei Jugendgottesdiensten: "Jugendliche hören besonders gerne und auch viel interessierter anderen Jugendlichen zu, weil sie sich denken: Das ist doch der Typ, den ich aus der Schule kenne." Wenn der von seinen Erlebnissen mit und Gedanken über Gott spreche, dann sei das viel näher dran an den jungen Leuten, so Mailänders Beobachtung.

Auch Miriam hat das schon so erlebt: "Ich war in der neunten Klasse in so einem katholischen Mädcheninternat", erzählt die junge Frau. "Da mussten wir jede Woche in die Kirche". Die Gottesdienste aber, die hätten nie jemanden sonderlich interessiert. Also probierten es Miriam und ihre Freundinnen mit selbst gestalteten Gottesdiensten. "Wir überlegten uns: Was interessiert uns? Was spricht uns an?" Und sie machten sich ans Werk. Einige Besucher aus der Internatskirche kamen schließlich lieber in den Gottesdienst der Mädchen.

Damals hat Miriam nicht die Predigt gehalten. Aber jetzt, da steigt sie die fünf Stufen hoch auf die Kanzel. Sie hat die Geschichte vom Urteil des Salomo aus dem biblischen Alten Testament aufgeschlagen: "Einerseits merkt man da, wie groß die Weisheit ist, die man von Gott geschenkt bekommt", sagt sie, "aber was mir noch viel wichtiger an der Geschichte ist: dass die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind noch weit über das Gesetz eines Königs hinausgeht. Da frage ich mich: Um wie viel größer muss da die Liebe unseres Vaters im Himmel sein?"

Als Miriam später von der Kanzel steigt, haben sich ihre anfänglichen Bedenken als gegenstandslos erwiesen: Zuvor habe sie ihre Predigt für unfertig und inhaltsleer gehalten, sagt sie: "Es hat mich überrascht, dass ich dann doch so viel dazu sagen konnte." Auch darum geht es Jele Mailänder: "Ihr habt das Recht zu predigen und ihr dürft auch den Mut dazu haben", sagt sie. Mailänder ist überzeugt: Wer predigt, für den wird der eigene Glaube greifbar. (epd)