Danke für den Regenwurm

In einem Pilotprojekt erhalten Tagesmütter religionspädagogische Weiterbildung

28. Mai 2014

Tagesmutter mit Kindern

Wenn Susanne Brucklacher aus Reutlingen die Holztüren ihres Erzähltheaters öffnet, schauen alle ihre fünf Tageskinder gespannt auf die Bilder, die in den Bühnenrahmen geschoben werden. Die Kinder kennen die biblischen Geschichten mittlerweile schon sehr gut, aber das "Kamishibai", so das japanische Wort für das Erzähltheater, ist für sie immer noch nicht langweilig.

Von einem solchen Theater hat die gelernte Erzieherin Brucklacher zum ersten Mal in einer religionspädagogischen Fortbildung der Evangelischen Frauen in Württemberg gehört. Dort lernte sie auch neue christliche Lieder und Tischgebete - und wie sie mit den ihr anvertrauten Kindern kirchliche Feste feiern kann. "An Ostern haben wir gemeinsam einen Ostergarten gebastelt. Jedes Kind gestaltete eine eigene Figur, die in den Garten gestellt wurde", erzählt die 56-Jährige. Zu dem Kurs habe sie sich angemeldet, weil sie Anstöße bekommen wollte, wie sie den Glauben den Kindern auf eine gute Art und Weise vermitteln kann, so Brucklacher, die seit 17 Jahren Tagesmutter ist.

Seit 2012 entwickelt Diakonin Birgit Hospotzky religionspädagogische Kurse, die die Tagesmütter im Rahmen ihrer jährlichen Pflichtweiterbildung belegen können. In den Kursen vermittelt sie praktische und altersgerechte Ideen, wie mit kleinen Kindern Glaube gelebt werden kann. "In der Ausbildung der Tagesmütter ist Religion nicht ausdrücklich ein Thema. Aber religiöse Bildung ist etwas ganz Alltägliches und Normales", so Hospotzky. "Wenn man mit Kindern zusammen ist, kommen solche Themen automatisch vor." Deshalb sei es für Tagesmütter wichtig, einen Raum zu haben, wo sie neben dem pädagogischen über ihr religiöses Handeln nachdenken können.

Der Pädagogin ist es wichtig zu vermitteln: "Ich als Tagesmutter bin immer ein Vorbild in dem, was ich sage und mache." Es gehe nicht darum, Kinder vom christlichen Glauben zu überzeugen, sondern ihnen diesen vorzuleben. "Wenn die Kinder einen Regenwurm sehen, kann ich ihnen diesen entweder nur biologisch erklären oder auch sagen: Schau, was Gott da Tolles gemacht hat."

Hospotzky ermuntert die Tagesmütter dazu, mit den Eltern schon beim ersten Kennenlernen über den christlichen Glauben zu reden. "So wie auch besprochen wird, ob das Kind vegetarisch isst oder mit Tieren im Haushalt aufwächst, sollte auch geklärt werden, ob Gebete und christliche Lieder erwünscht sind." Auch wenn viele Eltern selbst nicht religiös sind - die meisten finden es gut, wenn ihre Kinder bei der Tagesmutter eine religiöse Dimension erleben, sagt Hospotzky.

Trennung, Tod und Trauer sind Themen, bei denen Tagesmütter besonders gefragt sind. "Es gibt viele Kinder, die trauern, weil die Eltern sich getrennt haben oder sie den Tod eines nahen Menschen erlebt haben." Die Tageskinder von Susanne Brucklacher sind zwischen drei und sieben Jahre alt - ein Alter, in dem sich Kinder Gedanken über den Tod machen. "Ein Kind hat vor kurzem seine Oma verloren und mich gefragt, wo die Oma nun ist." Da habe Tagesmutter Brucklacher ihren christlichen Glauben einbringen können. "Ich sagte ihm, dass Jesus auch in traurigen Momenten bei uns ist und mit dem Tod nicht alles vorbei ist."

Noch bis Dezember bieten die Evangelischen Frauen in Württemberg diese bundesweit einmaligen religionspädagogischen Kurse an. Dann wird entschieden, ob das auf drei Jahre angelegte Projekt weitergeht. Brucklacher hat von der religionspädagogischen Fortbildung profitiert. "Ich bin als Tagesmutter Einzelkämpferin. Es gibt keine Kollegin, mit der ich mich austauschen kann." Da sei es gut, wenn man neue Anregungen bekommt und merkt: "Ich bin auf dem richtigen Weg." (epd)