"Erste Hilfe für die Seele"

Drei Fragen an Dekan Peter Bertram zur Arbeit der Notfallseelsorger

24. Mai 2014

Notfallseelsorger im Einsatz

Kriseninterventionsteams begleiten Angehörige nach einem plötzlichen Todesfall. An diesem Wochenende treffen sich Notfallseelsorger aus ganz Deutschland in München. Peter Bertram, heute evangelischer Dekan in Traunstein, war viele Jahre zuständig für die Notfallseelsorge in der bayerischen Landeskirche. Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) erzählt er, warum die Arbeit der Notfallseelsorger wichtig ist und was Angehörigen und Seelsorgern bei der Bewältigung helfen kann.

Wann kommt ein Notfallseelsorger oder Kriseninterventionsteam zum Einsatz?

Die Notfallseelsorger begleiten die Angehörigen bei plötzlichen Todesfällen, nach erfolgloser Reanimation oder nach einem Suizid. Sie leisten dann sozusagen Erste Hilfe für die Seele. Die Seelsorger haben Zeit für die Hinterbliebenen und bleiben auch noch da, wenn Polizei und Rettungsdienst wieder abrücken. Wenn die Polizei Todesnachrichten überbringt, werden sie oft auch von Notfallseelsorgern begleitet. Auch nach großen Ereignissen, wie Hochwasserkatastrophen, Zugunglücken oder Amokläufen kommt die Notfallseelsorge zum Einsatz. Das macht aber den weitaus kleineren Teil der Fälle aus.

Was macht der Notfallseelsorger?

Der Seelsorger ist einfach für die Hinterblieben "ganz" da. In einer solchen Extremsituation wie dem plötzlichen Tod des eigenen Kindes oder Ehepartners bricht den Betroffenen der Boden unter den Füßen weg. Sie sind mit der Situation völlig überfordert und wissen oft nicht, was passiert. Der Seelsorger sorgt für Ruhe und schafft einen stabilen Rahmen, in dem die Angehörigen sich sortieren können. Mit seiner Unterstützung können Angehörige sich ihrer Ohnmacht und ihrem Leid stellen. Das Leben muss für die Menschen ja weitergehen. Der Seelsorger begleitet sie dabei, ihre Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen.

Was passiert, wenn ein christlicher Seelsorger auf Hinterbliebene trifft, die einen anderen Glauben haben oder gar nicht religiös sind?

In der Regel spielt der Glauben in der ersten Phase nach einem plötzlichen Todesfall nicht die zentrale Rolle. Im weiteren Verlauf des Gesprächs kann es schon sein, dass der Seelsorger merkt, der katholische Gemeindepfarrer oder ein muslimischer Nachbar wären jetzt bessere Ansprechpartner. Den Betroffenen fällt in so einer Situation meistens jemand ein, den sie anrufen können. Die Seelsorger sehen es als ihren christlichen Auftrag, die Hinterbliebenen zu begleiten - egal ob sie einer Religion angehören oder nicht. (epd)