Sehnsucht nach Gott wachhalten

Synodaltagung der Evangelischen Kirche in Deutschland eröffnet

04. November 2012

Synode 2012

Mit einem festlichen Gottesdienst wurde die 5. Tagung der 11. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) an diesem Sonntag im Dom zu Lübeck eröffnet. Der Leitende Geistliche der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, Bischof Gerhard Ulrich (Schleswig), legte seiner Predigt den Beginn des Johannesevangeliums zugrunde: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.“ (Johannes 1,1)

In Bezug auf das Reformationsjubiläum 2017, das Schwerpunktthema der heute beginnenden EKD-Synode, sagte der Bischof: „Reformation stellt Kirche wieder auf ihren Anfang – und stellt sie hinein in die Welt. Wir müssen uns immer wieder vergewissern, wie nah unser Reden und Tun dem Fleisch gewordenen Wort Gottes ist. Und nie darf aufhören diese Vergewisserung, diese Erneuerung, dieses Anfangen mit dem Wort.“ Auch die verschiedenen christlichen Kirchen und Konfessionen machten gemeinsam immer wieder die Erfahrung, dass das biblische Wort größer sei als alle Konfessionen: „Es gehört uns nicht, es ist uns gemeinsam anvertraut. Und darum wollen wir weiter alles tun, um trennende Grenzen zu überschreiten“, so Ulrich.

Befreiung zur Sprache bringen
In seinem Bericht an die Synode nannte der Ratsvorsitzende des Rates der EKD, Präses Nikolaus Schneider, es eine zentrale kirchliche Aufgabe, die Sehnsucht nach Gott wachzuhalten. Der christliche Gott sei dabei nicht zu verwechseln mit einem Talisman oder Glücksamulett, von denen sich Menschen Schutz versprächen. Gott entziehe sich allen menschlichen Versuchen, ihn "gleichsam quadratisch, praktisch, gut" für persönliche Interessen in die Lebensplanung einzubauen.

„Eine Kirche, die es sich mit Gott zu leicht macht, überzeugt die Seele eines sehnsüchtigen Menschen nicht und arbeitet damit unabsichtlich einem weiteren Vergessen Gottes zu.“ Angesichts des christlichen Traditionsabbruchs dieser Zeit brauche es eine neue Kreativität für das „Zur-Sprache-Bringen der Befreiung“, die den Menschen im Kommen Christi zuteil geworden sei. „Wir brauchen eine theologische Sprache von Gott, die elementarisiert, ohne zu simplifizieren.“

Ökumene: Verletzungen benennen und um Vergebung bitten
Mit Blick auf 2017 wird nach den Worten Schneiders eine evangelisch-katholische Arbeitsgruppe prüfen, ob es einen gemeinsamen Buß- und Versöhnungsgottesdienst auf dem Weg zum Reformationsjubiläum geben könne. In diesem Gottesdienst könnten die Verletzungen benannt werden, die sich die beiden großen Kirchen wechselseitig im Verlauf der zurückliegenden 500 Jahre angetan hätten. Der Ratsvorsitzende sprach von einem Versuch, „in aufrichtiges und selbstkritisches Erinnern anzuregen, die gegenseitigen Verletzungen wahrhaftig zu benennen und sie mit der Bitte um Vergebung vor Gott zu stellen“.

Die Präses der Synode der EKD, Katrin Göring-Eckardt, äußerte im Präsidiumsbericht den Wunsch, dass das Reformationsjubiläum 2017 „ein großes, fröhliches, glaubensgewisses und auch ökumenisches Jahr wird“. Die Beratung der diesjährigen Synodaltagung sind „Startschuss und Aufbruch“, so Göring-Eckardt vor den 123 Synodalen.

Toleranz und Fremdenfeindlichkeit
Viel sei im Rahmen der 2008 begonnenen Lutherdekade bereits auf den Weg gebracht. Das am Reformationstag eröffnete Themenjahr „Reformation und Toleranz 2013“ werde Gelegenheit bieten, „einerseits selbstkritisch auf unsere Geschichte zu blicken, andererseits aber unser heutige Engagement gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit fortzusetzen und zu profilieren.“ Die Gesellschaft habe seit der Aufdeckung der NSU-Mordserie im vergangenen November verstanden, dass der neue Rechtsextremismus mit seinen kriminellen Auswüchsen keinesfalls bagatellisiert werden dürfe. „Wir sind erschüttert über das Versagen der Behörden und sind als evangelische Christinnen und Christen umso mehr gefordert, Nächstenliebe und Fremdenfreundlichkeit im gesellschaftlichen Diskurs sowohl einzufordern als auch selbst vorzuleben.“

Grüße von staatlichen und katholischen Vertretern
Die katholischen Laien in Deutschland wollen das Reformationsjubiläum wie die EKD zu einem Zeichen für die Ökumene machen, sagte der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück, in einem Grußwort an das Kirchenparlament. Doch gebe es in der katholischen Kirche eine große Unsicherheit, wie an die Ereignisse erinnert werden solle, Zwischen den Konfessionen sei eine „Ebene des Vertrauens“ unverzichtbar.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) rief die evangelische Kirche in seinem Grußwort zu gesellschaftlicher Einmischung auf. Erstmals sprach eine muslimische Bürgermeisterin vor der EKD-Synode. Die 33-jährige Hatice Kara, die in der Türkei geboren wurde, hatte im Mai für die SPD die Bürgermeisterwahl in Timmendorfer Strand gewonnen. Die Juristin Kara stellte die Gastfreundschaft und Weltoffenheit in der 9.000 Einwohner zählenden Gemeinde heraus, die ihr als Einwanderin den Wahlerfolg ermöglicht hätten. (mit epd)