Wasser marsch!

Bewässerungskanäle im Süden Äthiopiens versorgen rund 100.000 Menschen

25. Oktober 2012

Männer schaufeln einen Bewässerungskanal in Süd Äthiopien

Jahrelang kämpften sie vergeblich gegen die Dürre im Süden Äthiopiens. Doch mit Hilfe der Mekane Yesus Kirche befreien sich die Konso nun aus ihrer Not. Dank eines kilometerlangen Netzes von Bewässerungskanälen haben bald rund 100.000 Menschen dauerhaft genug zu essen.

Die Sinfonie der Schaufeln kann man lange hören, bevor man sie endlich sieht. Hundertfach trifft Metall auf Sand, sorgt für an- und abschwellendes Knirschen, untermalt von anfeuerndem Gesang und dem rhythmischem Klatschen, das entsteht, wenn eine Schippe Erde mit dumpfem Plopp wieder auf der Erde landet. Die Quelle dieser Komposition liegt versteckt hinter dem goldgelben Meer an Maispflanzen, einem gigantischen Labyrinth des Überflusses, denn überall reifen prächtige Kolben. 500 Frauen und Männer graben hier an einem Kanal von gigantischen Ausmaßen: 1,2 Kilometer lang, drei Meter tief, drei Meter breit.

Halgete Orano, Vorsitzender der Bauernvereinigung von Jarso, wischt sich mit dem T-Shirt den Staub vom verschwitzten Gesicht: „Früher hätten wir Probleme gehabt, Helfer zu finden, die so hart und so schnell arbeiten können wie wir heute. Die Leute waren dünn wie ein Grashalm.“

Dass heute so viele Menschen hier buddeln, hat damit zu tun, dass viele tausend Bauern vor einigen Jahren eine beispiellose Entscheidung getroffen haben. Sie sind mit ihren Feldern umgezogen, von den Hügeln ins Flachland. Aber nicht ganz freiwillig.

Die Dörfer der Konso hängen wie Schwalbennester an den Bergkuppen, darunter liegen ihre Felder. Terrassenförmig angelegt nutzen sie das spärliche Regenwasser optimal aus und verhindern die Erosion der dünnen Humusschicht. Doch in den letzten Jahrzehnten wuchsen Mais und Sorghum immer schlechter: Dürren sorgten für häufige Ernteausfälle, der Boden war ausgelaugt. „Alle litten an Hunger“, erinnert sich Halgete Orano. „Statt drei Mal am Tag wurde nur noch einmal gegessen. Und an manchen Tagen überhaupt nicht mehr.“

Doch die Konso gaben sich nicht einfach geschlagen. „Wir haben versucht, auch auf unserem traditionellen Besitz im Flachland Mais anzubauen. Es war dort aber viel zu trocken – wir konnten nur Kühe und Ziegen grasen lassen.“ Die Flüsse führen nur nach den beiden kurzen Regenzeiten Wasser, das ungenützt in die Ebene floss. Mit den selbstgebauten Wehren aus Ästen und Gestrüpp ließ es sich nicht umleiten.

Also wandten sich die Bauern an ihren ehemaligen Grundschullehrer, der inzwischen für das Entwicklungsprogramm der Mekane Yesus Kirche arbeitete. Mit Unterstützung von „Brot für die Welt“ und der Beratung von Ingenieuren entstand ein beeindruckendes Projekt zur Bewässerung der Felder. Dank der fast 50 Kilometer Kanäle, die sie in Handarbeit gegraben haben, können die Bauern nun auf 4.000 Hektar Mais anbauen. Bald soll so die Ernährung von 100.000 Menschen gesichert werden – nicht nur durch den Anbau von Mais und Sorghum, sondern auch durch den Verkauf von Chili, Sesam und Tomaten. In Gärtnereien lernen die Bauern den Umgang mit diesen Pflanzen, die sie bisher gar nicht kannten. Weil es nie genügend Wasser gab, um sie anzubauen. (Text und Foto: Brot für die Welt / Helge Bendl)