Nach Kirchenbrand: Die Botschaft lautet Neuanfang

Vorbereitungen für den Wiederaufbau laufen

07. September 2012

Großfeuer auf der Kirchenburg in Walldorf (Südthüringen)

Irritiert betrachten die Radwanderer die verkohlten Balken und den rußgeschwärzten Kirchturm. Der Reiseführer für ihre Tour durch Südthüringen beschreibt die evangelische Kirche von Walldorf noch als sehenswerten und intakten Bau. Doch mit der Brandkatastrophe vom 3. April wurde diese Beschreibung innerhalb von nur wenigen Stunden hinfällig. Die weithin sichtbare Landmarke der Kirchenburg im Werratal ist seither eine ausgebrannte Ruine.

Das Großfeuer machte auch das Lebenswerk des 58-jährigen Gemeindepfarrers Heinrich Freiherr von Berlepsch weitgehend zunichte. Denn er hatte maßgeblichen Anteil daran, dass die Kirche in den vergangenen 25 Jahren zu einem Schmuckstück der Region um Meiningen geworden war. Fotos aus der Zeit vor der Brandkatastrophe zeigen einen lichten Innenraum mit Altar und Kanzel, einer prächtigen barocken Orgel und hölzernen Emporen in einladenden Weiß- und Pastelltönen.

Von alledem ist nichts geblieben. Gleichwohl hält sich der Pfarrer beim Rundgang durch die Kirchenruine nicht lange bei der Vorgeschichte auf. Selbst unter dem Eindruck der Katastrophe habe er stets versucht, den Blick nach vorn zu richten, sagt er: "Ich wollte den Menschen bei aller Trauer Hoffnung geben." Dazu gehörte neben der Bestimmtheit, mit der er von Anfang an vom Wiederaufbau sprach, auch die frühzeitige Diskussion um die künftige Gestalt der Walldorfer Kirche.

Als Theologe habe ihn vor allem die Frage interessiert, welche Botschaft von dem Unglück ausgehe. "Die Antwort für mich lautete: Neuanfang." Die meisten Menschen in der Kleinstadt mit rund 2.000 Einwohnern hätten darauf durchaus positiv reagiert, berichtet der Pfarrer und verweist auf die rege Beteiligung an der Debatte um den Innenraum der Kirche. Dafür hat das Großfeuer neue Perspektiven eröffnet, weil architektonische Details wie Fenster und Bögen sichtbar wurden, die bisher verbaut oder zugemauert waren.

Wenn Pfarrer von Berlepsch von einer "Kirche des 21. Jahrhunderts" spricht, denkt er an einen sparsam ausgestatteten Kirchenraum, dem historisches kirchliches Kunstgut mit ausgewählten Stücken seinen sakralen Charakter verleiht. Wenig Gegenliebe indes finde bei den Walldorfern eine "moderne" Kirche mit viel Stahl und Glas, sagt er. Auch der von der Denkmalpflege geforderte Außenputz für Turm und Kirchenschiff mit der markanten Bruchsteinfassade sei umstritten.

Die endgültigen Festlegungen sollen in einem Architekturwettbewerb erarbeitet werden. Der Gemeindepfarrer ist optimistisch, dass der Wiederaufbau innerhalb von drei Jahren zu schaffen ist. Schließlich sei das den Walldorfern nach dem großen Kirchenbrand von 1634 schon einmal gelungen, sagt er.

Trotz der Finanzierung des Millionenvorhabens durch Versicherungsleistungen bleibt der Kirchengemeinde ein Eigenanteil von rund 200.000 Euro. Auf dem Spendenkonto sind bereits über 120.000 Euro eingegangen. Die Spenden zeugen wie auch die Thüringer Benefizkonzerte für die Walldorfer Kirche zum Tag des offenen Denkmals am Sonntag (9. September) von einer engen Verbundenheit mit dem markanten Baudenkmal, das einst die nördlichste Grenzbastion des Bistums Würzburg war.

Als bischöfliche Festung erhielt die alte fränkische Wehranlage zunächst eine romanische Kapelle und 1587 eine erste Kirche. Sie wurde zum zentralen Gebäude einer Kirchenburg, deren Ringmauern den Menschen bei Kriegen und bewaffneten Fehden Schutz und Zuflucht bieten sollten.

Wegen der laufenden Arbeiten an der Kirche sind jedoch zum Denkmaltag keine Besuche auf der Kirchenburg möglich. Doch bereits im nächsten Monat soll das Areal für Besichtigungen auf der Baustelle zugänglich sein. Schließlich sollen die Walldorfer auch weiterhin mit einbezogen werden in den Wiederaufbau.

Dessen Ziel hat Pfarrer von Berlepsch in den vergangenen Wochen mehrfach deutlich benannt: "Zu Weihnachten 2013 läuten wieder unsere Glocken", gibt er sich überzeugt. (epd)