Erinnerungsarbeit für Frieden, Gerechtigkeit und Versöhnung

In Coventry, Dresden und mehr als 150 anderen Orten mahnt das Nagelkreuz zur Versöhung

08. Mai 2012

Gottesdienst in Ruine

Am 8. Mai 1945 endete mit der deutschen Kapitulation der Zweite Weltkrieg in Europa. Vom englischen Coventry, dessen anglikanische Kathedrale 1940 von deutschen Bombern zerstört worden war, ging schon im Krieg der Ruf zur Versöhnung aus. Zum Symbol wurde das Kreuz, das aus drei mittelalterlichen Nägeln aus den Ruinen geformt wurde.

Heute gibt es weltweit mehr als 150 Nagelkreuzzentren, die zur „Community of the Cross of Nails at Coventry Cathedral“ (CCN) gehören und in der Erinnerungs- und Bildungsarbeit oder in aktuellen Konflikten und an politischen und sozialen Brennpunkten im Sinne Coventrys für Frieden, Gerechtigkeit und Versöhnung tätig sind. Das originale Nagelkreuz von 1940 ist heute in den Altar der neuen Kathedrale neben dem zerstörten Gotteshaus integriert. Jeden Freitag wird mittags in den Ruinen der alten Kathedrale und in allen Nagelkreuzzentren für Frieden und Versöhnung gebetet. 

67 Jahre  nach dem Kriegsende und der Befreiung von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft werden am 8. Mai 2012 die Evangelische Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau und die Katholische Seelsorge an der KZ-Gedenkstätte Dachau das erste ökumenische Nagelkreuzzentrum im Großraum München und Teil der weltweiten Nagelkreuzgemeinschaft. Als Gast wird unter anderem Canon David Porter erwartet, der entscheidend am Friedensprozess in Nordirland beteiligt war und heute an der Kathedrale von Coventry die Versöhnungsarbeit leitet.

Ab Mitte Mai wirbt auch ein Kunstwerk aus Dresden in der britischen Partnerstadt Coventry für Frieden und Versöhnung. Die knapp 2,70 Meter hohe und 1,1 Tonnen schwere Bronzeplastik „Chor der Überlebenden“ erhält einen Platz in der Ruine der 1940 von deutschen Flugzeugen zerstörten Kathedrale St. Michael‘s.

Es ist ein Geschenk zum 50. Weihejubiläum der neuen Kathedrale von Coventry. Eine Delegation mit Sachsens Landesbischof Jochen Bohl – der in einem Gottesdienst predigt – wird die Plastik am 20. Mai enthüllen. „Ohne die Gemeinschaft mit Coventry wäre die Frauenkirche nicht das was sie ist, ein weltweites Symbol der Versöhnung“, sagte Bohl. In den Wiederaufbau der Frauenkirche flossen auch Spenden aus Großbritannien, zudem gehört auch die Frauenkirche der Nagelkreuzgemeinschaft an.

Der 80-Jährige Bildhauer Heinze erlebte den Bombenangriff auf Dresden als 13-Jähriger. Er beschäftigte sich später immer wieder künstlerisch mit dem Thema. Seine Plastik zeigt sieben Figuren. Sie schauen erhobenen Hauptes in eine offene Zukunft.

Eine Widmung des Bischofs von Coventry, Christopher Cocksworth, erinnert am Sockel an die zivilen Opfer des Luftkriegs. Nach Angaben von Frauenkirchenpfarrer Holger Treutmann sind darin ausdrücklich die deutschen Opfer eingeschlossen. Treutmann sprach von einer „starken Botschaft“. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde neben der zerstörten Kathedrale von Coventry 1962 ein modernes Gotteshaus errichtet.

Dessen Weihe vor 50 Jahren wird am 25. Mai, wenige Tage nach Übergabe der Bronzeplastik, mit Gästen aus aller Welt gefeiert. Anreisen wird dazu auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider. (mit epd)