Bibel, Bach und Bautzener Senf

Erik Panzig ist Pfarrer der deutschen Gemeinde in Helsinki

11. Oktober 2011

Stadtzentrum Helsinki

Erik Panzig ist Pfarrer der deutschen Gemeinde in Helsinki – einer der finanziell stärksten Auslandsgemeinden der EKD. idea-Redakteur Matthias Pankau hat ihn und seine Familie besucht.

Zum Kaffee am Nachmittag gibt es Schokolade der Marke „Fazer“ – weil sie schmeckt und weil sie mit der deutschsprachigen Gemeinde in Helsinki zu tun hat: Die Vorfahren des Unternehmers Karl Fazer (1866–1942) waren aus der Schweiz nach Finnland gekommen und hatten hier eines der bedeutendsten Unternehmen für Süßwaren aufgebaut. Für die deutschsprachige Gemeinde, der sie sich anschlossen, brachte das nicht nur Prestige mit sich, sondern bares Geld. „Unternehmen in Finnland bezahlen nämlich bis heute ein Prozent des Brutto-Umsatzes als Kirchensteuer“, erklärt Pfarrer Erik Panzig – und nimmt sich noch ein Stück.

Wohlstand durch Schokolade

Von ehemaligen Mitgliedern wie dem Schokoladenproduzenten Fazer oder auch dem aus Lübeck stammenden Gründer der finnischen Warenhauskette „Stockmann“, Georg Franz Heinrich Stockmann (1825–1906), die ebenfalls im 19. Jahrhundert nach Finnland kamen, profitiert die Gemeinde in Helsinki finanziell bis heute. Für den gebürtigen Leipziger war das zunächst eine ganz neue Erfahrung. In seiner letzten Pfarrstelle in Großenhain (zwischen Leipzig und Dresden) wurde immer wieder darüber diskutiert, wofür die knappen Mittel eingesetzt werden. „Hier wird darüber debattiert, wofür die üppigen Mittel bestimmt sind.“

Aber nicht nur die finanzielle Situation ist eine andere: „Hier in Finnland ist die lutherische Kirche im wahrsten Sinne des Wortes noch Volkskirche.“ Wenn etwa ein Kind geboren wird, dann führt der erste Weg der Eltern in die Pfarrkanzlei, um es zur Taufe anzumelden. Das Bürgeramt bekommt dann von der Gemeinde per Computer eine Meldung über die Geburt. Nicht nur Taufen gibt es viele in dem 1864 errichteten Gotteshaus. Es ist auch Helsinkis beliebteste Traukirche – wohl nicht nur wegen der Lage direkt am Südhafen, sondern auch wegen des schönen Innenraums. Rund 100 Paare geben sich hier jedes Jahr das Jawort; nur etwa fünf davon gehören zur Gemeinde.

Rund 3.000 deutschsprachige Mitglieder in ganz Finnland

Insgesamt zählt die „Deutsche Gemeinde in Finnland“, wie sie seit der Vereinigung der Gemeinden Helsinki und Turku 1990 heißt, gut 3.000 Mitglieder; etwa 80?% leben im Großraum Helsinki. Die Aktivitäten der Gemeinde sind vielfältig. Neben den Sonntagsgottesdiensten, zu denen durchschnittlich 80 kommen, gehören dazu Kinder-, Jugend- und Bibelgesprächskreise ebenso wie ein Chor, der zu hohen kirchlichen Festen Passionen und Oratorien von Johann Sebastian Bach (1685–1750) aufführt. Auch das Miteinander der Generationen spielt in der Gemeinde eine entscheidende Rolle. Sie unterhält sowohl ein Seniorenwohnheim als auch einen Kindergarten, den 26 Jungen und Mädchen besuchen.

Dass sie jetzt in Finnland leben, sehen Erik Panzig und seine Frau Antje Wilkening hauptsächlich als Führung Gottes. „2006 machten wir zum ersten Mal hier Urlaub“, erzählt er. „Es gefiel uns sofort.“ Nach fünf Jahren Tätigkeit in seiner damaligen Gemeinde dachte der Theologe ohnehin über einen Wechsel nach. Als er dann im Amtsblatt der sächsischen Landeskirche die Ausschreibung entdeckte: „Pfarrer für die deutsche Gemeinde in Helsinki gesucht“, verstand er das als Wink. Eigentlich gibt es nichts, was der Familie in Helsinki fehlt – außer die eine oder andere Spezialität aus der sächsischen Heimat. „Mit Bautzener Senf beispielsweise kann man uns immer eine Freude machen“, sagt Panzig und lacht. Die Gegenleistung des Pfarrers: Eine Tafel Schokolade der Marke Fazer! (idea)