Paradiesische Früchte aus der Pfalz

Nirgendwo sonst in Deutschland wachsen so viele Feigenbäume

25. August 2011

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Feigen sind paradiesische Früchte. Darüber weiß schon die Bibel zu berichten. Dort nämlich ist die Feige die erste namentlich erwähnte Pflanze: Nachdem Adam und Eva erkannt hatten, dass sie nackt waren, flochten sie Feigenblätter zusammen und bedeckten ihre Blöße. Heute sind die süßen Früchte vor allem aus Israel und anderen Mittelmeerländern bekannt. Doch sie wachsen auch in Deutschland, vor allem im sonnigen Südwesten.

In der Pfalz, einem bekannten Weinanbaugebiet, gibt es Schätzungen zufolge rund 50.000 Feigenbäume - soviel wie sonst nirgendwo in Deutschland. Im August beginnt die Erntezeit der etwa 80 Gramm schweren Früchtchen, die meist pur oder als Marmelade verzehrt werden.

Daneben gibt es auch Feigensenf, Essig und Likör. Konditoren haben sogar Feigenpralinen oder Feigentorte im Angebot. Die regionale Spezialität lässt sich aber auch zu herzhaften Gerichten wie Forellenfilet auf Feigen-Risotto oder Rehrücken auf Holundersauce mit Feigen verarbeiten.

Weithin bekannt ist die Deichelgasse im Örtchen Deidesheim, die im Volksmund "Feigengasse" heißt. Vor fast 100 Jahren ließ der Bürgermeister vor jedes Haus Feigenbäume pflanzen. Wer heute durch die schmale Straße spaziert, fühlt sich ans Mittelmeer versetzt: Links und rechts stehen die knorrigen Bäume am Gassenrand, wie auch in den meisten Vorgärten des Weinortes.

Doch nicht nur dort: Überall zwischen Speyer und Neustadt, zwischen Bad Bergzabern und Frankenthal trifft man auf die südländische Pflanze. Gleich drei Feigenbäume stehen bei Familie Born in Ilbesheim bei Landau im Garten. Vor zwei Jahren ernteten die Borns insgesamt 50 Kilogramm. Sie verschenkten sie an Nachbarn, kochten Marmelade oder legten sie ein.

Dieses Jahr erwarten sie eine ähnlich Menge, nachdem im Jahr 2010 fast alle Früchte erfroren waren. Daher bieten sie das ungespritzte Obst, das nach der Ernte nur zwei bis drei Tage haltbar ist, erstmals auch über die Pfälzer Feigenbörse im Internet an - das Kilo zu vier Euro. "Am besten schmecken Feigen, wenn sie ganz dunkelbraun mit furchiger Schale sind", sagt Sieglinde Born. Dann seien sie sehr süß und fruchtig - könnten aber nicht mehr verkauft werden.

Helga Schneider aus Gimmeldingen bei Neustadt an der Weinstraße hat für die schnell verderbliche Ware eine Lösung parat. Einige Früchte ihres Baumes, den sie bereits vor etwa 50 Jahren pflanzte, friert sie ein. Daraus stellten ihre Kunden dann etwa Feigenessig her, erzählt die rüstige alte Dame. Schon Mitte Juni kann sie die ersten Früchtchen in dem geschützten Innenhof ernten. Je nach Wetter reiften die letzten Exemplare bis Anfang Dezember heran.

Mit Wein bilden Feigen eine harmonische Kombination: Beide zählen seit alters her zu den edelsten Gewächsen und haben ähnliche Ansprüche an Standort und Klima. Sie lieben Sonne und Wärme, Niederschläge von 500 bis 600 Millimeter pro Jahr reichen aus. Auch leichten Frost ertragen sie.

Rund 100 bis 200 Früchte trägt ein ausgewachsener Baum. Die Pfälzer Ernte betrage insgesamt mehr als 80.000 Kilo, schätzt Markus Kumpfer vom Verein "Pfalz.Marketing" in Neustadt an der Weinstraße. Einen gewerblichen Anbau größerer Mengen habe es bisher nicht gegeben, weil das wirtschaftliche Risiko zu groß sei, sagt Kumpfer.

Feigen sind reich an Fruchtzucker, Ballaststoffen, Eiweiß, Mineralien sowie den Vitaminen A und B. Sie wirken blutreinigend und verdauungsfördernd.

Die mittelalterliche Äbtissin Hildegard von Bingen allerdings zählte die Feigen nur zu den "bedingt guten Nahrungsmitteln", denn sie wusste, dass "frische Feigen dem Magen nicht zum besten bekommen", also abführende Wirkung haben. Die Blätter und Wurzeln verordnete die Nonne gegen Kopfweh, Augenweh und Brustleiden.

Auch in der Bibel wird das süße Früchtchen mehr als 50 Mal erwähnt. So schreibt etwa der Prophet Jesaja (28,4): "Wer sie erblickt, der verschlingt sie, kaum dass er sie in der Hand hat." (epd)