„Ich habe gar nicht gewusst, was meine Stimme alles kann“

Fortbildung von Prädikanten aus Auslandsgemeinden im Michaeliskloster

03. Februar 2011

Fortbildung für Prädikanten im Michaeliskloster Hildesheim.

Ungewöhnliche Töne füllten am Wochenende das Auditorium des Michaelisklosters in Hildesheim als Bettina Wenzel, Stimmkünstlerin aus Köln, sich ohne Worte Teilnehmern des Fortbildungskurses für Prädikanten und Prädikantinnen in Auslandsgemeinden vorstellte. ´Stimme trifft Raum` lautete dieses Workshop-Angebot, in dem die Teilnehmer ein Gefühl für ihre eigene Stimme im Raum bekommen und ihre stimmlichen Möglichkeiten ausloten konnten.

„Ich bin dankbar dafür, dass wir als Prädikanten in den Auslandsgemeinden seitens der EKD die Chance bekommen, uns für unsere Dienste in unseren Gemeinden aus- und fortbilden zu lassen“, sagte eine Teilnehmerin, die schon seit vielen Jahren das gottesdienstliche Leben in ihrer deutschsprachigen Gemeinde in Spanien mitträgt.“ Hinzu kommt die Vernetzung und der Austausch über Landesgrenzen hinweg. „Wir sind über die weiten Entfernungen hin zu einer wunderbaren Gemeinschaft geworden“, so ein anderer.

Die 33 Teilnehmer kommen aus Portugal und Spanien, aus den Niederlanden, Frankreich und Griechenland, aus Irland, Großbritannien und Schweden. Die einen sind schon Jahrzehnte dabei, haben schon viele Pfarrer kommen und gehen sehen, für andere, die vor gut einem Jahr ihren Grundkurs abgelegt haben, ist ihre Rolle als Laienprediger in ihrer Gemeinde noch etwas fremd und ungewohnt.

In vielen Auslandsgemeinden sind Prädikanten unentbehrlich und sichern und bereichern das kontinuierliche gottesdienstliche Angebot. Menschen mit hohem kirchlichen Engagement und großem Interesse an theologischen Fragen melden sich für diesen Dienst im Ehrenamt, für den sie befähigt und qualifiziert werden müssen. Da findet sich dann neben dem Mathematikprofessor aus Schweden, die erfahrene Krankenschwester aus Mallorca oder die junge Juradozentin aus den Niederlanden.

Britta Lelke (69), Krankenschwester, zuletzt Leiterin einer Seniorenresidenz, heute Pensionärin, Mallorca

Warum bin ich Prädikantin geworden? Früher gab es auf Mallorca zwei feste Pfarrstellen, jetzt ist es nur noch eine. Und die Arbeit ist immer mehr geworden. Gerade auf Mallorca gilt es, sehr viele Gottesdienste zu begleiten. Außerdem hat mich das theologische Knowhow schon immer interessiert: Ich wollte einfach mehr wissen.
Über die Ausbildung: Ich habe 1997 mit der Ausbildung klassisch als Fernstudium begonnen, das war damals der erste Prädikantenkurs überhaupt.
Aufgaben als Prädikantin: Ich führe alle Amtshandlungen durch: hauptsächlich Gottesdienste, aber auch Trauungen, Beerdigungen oder Taufen.

Viola Heutger (39), Juristin für römisches Recht, Amsterdam

Warum bin ich Prädikantin geworden? Ich wollte ursprünglich sogar Theologie studieren, dann ist es doch Jura geworden. Ich war jahrelang im Kirchenvorstand, habe mich schon immer in den Karfreitags-Gottesdienst eingebracht – und suchte einfach eine neue Aufgabe in der Gemeinde.
Über die Ausbildung: Ich habe 2005 mit der Ausbildung begonnen. Was mir hilft, ist, dass die biblischen Texte oft ähnlich alt sind wie die juristischen.
Aufgaben als Prädikantin: Besonders in den Sommerferien oder in Vakanzzeiten vertrete ich die Pfarrer in den Gemeinden Amsterdam und Rotterdam und gestalte Gottesdienste.

Claus Führer (56), Professor für Mathematik an der Universität Lund, Malmö

Warum bin ich Prädikant geworden: Ich hatte Lust auf eine neue Herausforderung. Außerdem auch wegen des Kontrastes zur rationalen Mathematik. Außerdem bin ich bisher der erste und einzige Prädikant in der Gemeinde Südschweden.
Über die Ausbildung: Ich finde die aktuelle Prädikantengruppe so toll, weil wir uns trauen, auch Schwäche zu zeigen. Außerdem schätze ich die sehr ernsthafte Arbeit.
Aufgabe als Prädikant: Gottesdienste

Die Ausbildung hat sich mittlerweile der medialen Wirklichkeit angepasst. In Kooperation der Evangelischen Arbeitsstelle Fernstudium im Comenius Institut mit der Ökumene und Auslandsarbeit im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist ein neuartiger „online-Kurs“ entstanden. Die Besonderheit des neu gestalteten Lehrgangs besteht im internetgestützten Angebot der Kursmaterialien. Mit Hilfe der Lernplattform Moodle werden die Unterrichtsmaterialien digitalisiert. Außerdem schafft das Internet weitere Kommunikations- und Vernetzungsmöglichkeiten zwischen Laienpredigern, ihren Mentoren und den Ausbildern der EKD. Eine Telefonhotline sorgt für technische Betreuung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an ihren heimischen Rechnern, ganz gleich, ob diese in Stockholm, Paris oder auf Kreta stehen.
Auch wenn das Internet für die von den Gemeinden beauftragten Prädikanten und Prädikantinnen neue Möglichkeiten bietet, bleibt die persönliche Begegnung in den Präsenzphasen der Aus- und Fortbildung ein wesentliches und wichtiges Element. Hier können sie sich in einem geschützten Raum erproben, austauschen und zum Beispiel anleiten lassen, ihre Stimme auch als ein Medium der Verkündigung zu entdecken und einzusetzen.