Auf dem Weg zum Weihnachtsgottesdienst

Heiligabend auf den Halligen

23. Dezember 2010

Halligpastor Matthias Krämer (46) von der nordfriesischen Insel Langeneß fährt zum Gottesdienst auf die Hallig Oland mit einer Lore. (Foto: epd-bild / Manina Silvana Krämer)

"Weihnachten ist fertig", sagt Halligpastor Matthias Krämer (46). Er hat seine Planungen und Vorbereitungen für die Gottesdienste an Heiligabend und an den Weihnachtstagen abgeschlossen. Ob er aber pünktlich auf Oland, Gröde und Langeneß erscheinen kann, ist auf den nordfriesischen Halligen nicht sicher. "Es darf keine Eisschollen geben", sagt Krämer mit Blick auf das winterliche Wetter. Denn dann könnte Postschiffer Fiede Nissen nicht mit dem Postboot kommen, und der Zeitplan für Heiligabend und womöglich auch für die Weihnachtsfeiertage könnte kippen.

Diese Sorge hat Pastor Martin Witte (54) auf Hallig Hooge nicht. Seit 1. Juni hat er die Pfarrstelle auf der Nordseeinsel mit über 100 evangelischen Gemeindemitgliedern. Er muss im Gegensatz zu Krämer keine zusätzlichen Nachbarinseln versorgen. Seine letzte Pfarrstelle war in Dambeck-Biedendorf bei Wismar. Seine neue Aufgabe als Halligpastor im Weihnachtseinsatz beginnt bereits am 4. Adventssonntag (19. Dezember). Dann gibt es in der 1637 geweihten Kirche ein Krippenspiel im Familiengottesdienst.

Heiligabend ist um 17 Uhr eine Christvesper mit Chor und Gesang geplant. "Um 22 Uhr wird eine Christnacht als literarische Stunde veranstaltet", sagt Witte. Dabei soll auch das Geigentrio der Insel auftreten. Sein nächster Einsatz ist am zweiten Weihnachtstag, da am ersten Feiertag die ehrenamtliche Prädikantin Gertrude von Holdt-Schermuly (62) den Gottesdienst übernimmt. Bereits im vergangenen Jahr war sie eingesprungen, als Hooge ganz ohne Pastor war. Sie wird ab 10 Uhr "op platt" predigen, kündigte Witte an.

Dass Halligbewohner pünktlich an Heiligabend in ihrer Kirche feiern, ist nicht selbstverständlich. Nicht nur das Wetter, sondern auch Ebbe und Flut müssen mitspielen. So konnte Krämer im vergangenen Jahr am 24. Dezember nicht mit dem Postboot nach Gröde in See stechen, weil erst in der Dunkelheit Flut war und das Boot kein Radar hat. Also musste auf Gröde bereits am 4. Advent ein Gottesdienst im kleinen Rahmen gefeiert werden, erinnert sich Krämer.

Seinen ersten Heiligabend-Einsatz hat der auf Langeneß lebende Vater dreier Kinder in diesem Jahr auf der Nachbarinsel Oland um 14 Uhr. Da es eine 4,5 Kilometer lange Schienenverbindung gibt, fährt er selbst mit der 9,5-PS-Lore zu der Inselgemeinde. Auch die Orgel spielt er hier. Von Oland aus geht es dann mit dem Postboot nach Gröde. Hier soll der Gottesdienst um 15.30 Uhr beginnen. Danach muss sich Krämer sputen, um wiederum per Boot zurück nach Langeneß zu kommen. Hier soll er um 17.30 Uhr predigen. Auch am ersten Weihnachtstag ist Gottesdienst auf Langeneß angesagt, am zweiten Feiertag auf Oland.

Da es auch am letzten Tag des Jahres am 31. Dezember einen Gottesdienst um 14 Uhr auf Oland geben soll, ist das Inselspringen erst danach beendet. Am Neujahrstag kann Krämer, der seit 17 Jahren Halligpastor ist, mit der Familie dann ausruhen.

Die sieben bis 960 Hektar großen Halligen sind kleine Inseln im nordfriesischen Wattenmeer an der Nordseeküste Schleswig-Holsteins. Sie sind teilweise Reste des Festlands oder von Inseln, die nach Sturmfluten übrigblieben. Anders als Föhr, Amrum oder Sylt sind sie nicht durch Deiche geschützt und werden bei Sturmfluten überschwemmt. Wohnhäuser und Kirchen befinden sich auf meterhohen künstlich aufgeschütteten Hügeln, den Warften.

(epd)