Bibliothek, Forschungsstätte und Versammlungsort

Wiedereröffnete Johannes a Lasco-Bibliothek zieht auch online Besucher aus der ganzen Welt an

10. Dezember 2010

Foto aus der Johannes a Lasco-Bibliothek

Die Bücher entdeckt der Besucher erst auf den zweiten Blick. In der Emder Johannes-a-Lasco-Bibliothek wandern die Augen zunächst die mittelalterlichen Backsteinsäulen der ehemaligen Kirche hinauf bis zum überraschend modernen Dach aus Holz und Stahl. Erst dann sind die auf mehreren Etagen montierten Bücherregale im Seitenschiff zu sehen.

Zu Beginn der 1990er Jahre wuchs zwischen den Ruinenresten der ehemaligen Großen Kirche noch Gras und Unkraut. Ein verheerender Bombenangriff auf die Hafenstadt zerstörte 1943 die reformierte "Moederkerk" und hinterließ nur noch Trümmer.

Seitdem entstand eine wissenschaftliche Fachbibliothek mit mehr als 120.000 Bänden aus acht Jahrhunderten. Sie ist damit eine weltweit einmalige Sammlung von Büchern und Dokumenten aus dem Bereich des reformierten Protestantismus. Unter den Kostbarkeiten befinden sich ein von Hand auf Pergament geschriebener Psalter aus der Mitte des 13. Jahrhunderts, Bücher mit goldverzierten Einbänden oder 300 Jahre alte maritime Reiseberichte mit geografischen Karten.

Nach einer eineinhalbjährigen Schließung auf Grund finanzieller Probleme konnte die Johannes a Lasco-Bibliothek in Emden durch großes finanzielles Engagement der EKD und ihrer Gliedkirchen am 30. April 2010 ihre Arbeit wieder offiziell aufnehmen. Der damalige Präsident des EKD-Kirchenamtes, Hermann Barth, bezeichnete die Bibliothek dabei als funkelndes „Juwel“.

Mittlerweile engagiert sich die Einrichtung in vielen Bereichen: Der tägliche Präsenzbetrieb der Bibliothek wird durch eine für diese Institution so wichtige Fernleihe ergänzt. Zudem kommen Besucher aus aller Welt zu Führungen im musealen Bereich nach Emden. Vor wenigen Wochen konnte auch die neu gestaltete Homepage online gestellt werden und damit die weltweite Vernetzung auch medial wieder sichergestellt werden.

Überdies engagiert sich die Johannes a Lasco-Bibliothek aber auch im wissenschaftlichen Bereich wieder deutlich und spricht damit ein internationales Fachpublikum an: Zur jüngsten Tagung „Melanchthon und die reformierte Tradition“ reisten Expertinnen und Experten aus Korea, England, Frankreich, Belgien und den Niederlanden nach Emden.

Im kommenden Jahr organisiert die Bibliothek als Vorbereitung für die weltweiten Feierlichkeiten zum 450. Geburtstag des Heidelberger Katechismus 2013 und den damit verbundenen großen Ausstellungen in Heidelberg und im Oranierschloss „Het Loo“ (Apeldoorn, NL) die erste internationale wissenschaftliche Tagung zu diesem Thema.
Dieses  Forum für Wissenschaftler aus aller Welt wird sich der breiten Erforschung und insbesondere auch der Wirkungen der wohl bekanntesten reformierten Bekenntnisschrift widmen. Auch die 8.  Emder Tagung zur Geschichte des reformierten Protestantismus findet in der Bibliothek statt. Sie widmet sich diesmal dem Schwerpunktthema „Kirche, Theologie und Politik im reformierten Protestantismus“, der EKD-Ratsvorsitzende, Präses Nikolaus Schneider, wird den Hauptvortrag halten.

Als Projektpartnerin des weltweiten Netzwerkes Refo500, das die Veranstaltungen und Projekte zum Reformationsjubiläum begleitet, ist die Johannes a Lasco-Bibliothek sodann in einem breiten internationalen Horizont aktiv. Aber auch als Ort für Ausstellungen, Konzerte und Empfänge ist sie über die norddeutschen Grenzen hinaus gefragt.

 Namensgeber der Bibliothek ist der polnischer Adelige und Katholik Johannes a Lasco (Jan Laski, 1499-1560), der zum Protestantismus übertrat. Er war Pfarrer an der Großen Kirche in Emden und erster Superintendent der ostfriesischen Kirchengemeinde. Einige seiner Bücher, die er von dem großen Humanisten Erasmus von Rotterdam (um 1465-1536) erhielt, sind noch heute im Bestand der Bibliothek.

(mit epd)