Margot Käßmann auch in Vancouver ein Thema

"Alle verfolgen das sehr aufmerksam"

26. Februar 2010


"Ich bin oft darauf angesprochen worden", erzählt der 49-jährige Geistliche, der gemeinsam mit seinem katholischen Kollegen Hans-Gerd Schütt die Athleten und Betreuer aus der Bundesrepublik seelsorglich betreut. Alle hätten sich mit großer Sympathie über Käßmann geäußert. Eine Freiwillige aus den Deutschen Haus in Vancouver hat sogar eine E-Mail an die bisherige Landesbischöfin geschickt. "Alle verfolgen das sehr aufmerksam", so Weber. "Selbst die Sportjournalisten wundern sich, dass das solche Wellen gezogen hat." Gleichwohl herrsche Einigkeit, dass die Alkoholfahrt, der Auslöser des Rücktritts, nicht hätte passieren dürfen. "Das war eine Verfehlung."

Stimulierende Mittel sind auch bei Olympia ein Thema, allerdings in ganz anderer Weise. Die Jagd auf Dopingsünder, so wichtig sie sei, habe zum "gläsernen Athleten" geführt, erläutert Weber. Für die Sportler sei das eine große Belastung. "Sie müssen ständig in den PC eintippen, wo sie gerade sind. Und wenn man von den Kontrolleuren zwei Mal nicht angetroffen werden, gilt das schon als Dopingvergehen." Der Olympiapfarrer spricht von einer "echten Einschränkung" - einen konkreten Dopingfall gab es bei den Spielen hingegen noch nicht. Die Vorwürfe gegen die norwegische Langläuferin und dreifache Olympiasiegerin Marit Björgen sind unbewiesen.

A propos Langlauf: Am Donnerstag konnte Weber vor Ort in Whistler die Silbermedaille der deutschen Frauenstaffel über vier Mal fünf Kilometer bejubeln und dabei das "Reizvolle eines Mannschaftswettbewerbs" miterleben. Wenn eine Läuferin mal einen schlechten Tag oder den falschen Ski habe, sei das Entsetzen groß - "aber später die Freude umso ausgelassener". Miriam Gössner (im Bild zweite von rechts, mit - von links - Katrin Zeller, Evi Sachenbacher-Stehle und Claudia Nystad), mit 19 Jahren die Jüngste im schwarz-rot-goldenen Team, sicherte mit einer fantastischen Leistung den zweiten Platz - und sang auf dem Treppchen als Tochter einer Norwegerin beherzt die Hymne der  Goldmedaillengewinnerinnen aus Skandindavien mit.

Am Freitag wollte sich Weber die Snowboardwettbewerbe ansehen ("Das Wetter ist total schlecht, es regnet"), am Abend war eine weitere Andacht im Deutschen Haus vorgesehen. Je länger die Spiele dauern, berichtet er etwas erschöpft, desto mehr mache sich das Schlafdefizit bei allen Beteiligten bemerkbar. Doch der Stimmung tut das keinen Abbruch - gerade im Deutschen Haus in Whistler, wo es den Großteil der Medaillen zu bejubeln gibt, ist abends viel los, die Atmosphäre sei "lockerer und offener" als unten in Vancouver, berichtet der Olympiapfarrer. "Die Mannschaft kann sehr zufrieden sein, auch was die Plätze hinter den Medaillenrängen angeht."

Die Tage von Vancouver neigen sich langsam dem Ende, am Sonntag steht das große Finale bevor. "Ganz Kanada hofft, dass die Eishockeyherren Gold holen- wie die Frauen zuvor", berichtet Weber. Eishockey ist eben die Sportart, die das ganze Land fasziniert, wie Fußball in Deutschland. Für die große Schlussfeier hofft der Geistliche ein Ticket auf der Tribüne zu ergattern - und kann dann vielleicht Michael Bublé live erleben. Über den Auftritt des international bekannten Jazzsängers zum olympischen Finale in seiner Heimatstadt Vancouver wird bereits seit Tagen spekuliert.

Dann heißt es für Weber wie für viele andere olympische Sportler, Betreuer und Gäste Kofferpacken - am Montagabend ist sein Flug angesetzt, Dienstag ist er zurück in Deutschland. Eine Stunde nach der Landung steht schon wieder Konfirmandenunterricht auf dem Programm. Kaum Zeit für den Geistlichen, die vielen Erlebnisse und Begegnungen zu verarbeiten. Doch ein Wiedersehen hat Weber bereits fest eingeplant: mit der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft, die sich auf die Heim-WM im Mai freut. Die Spielorte Gelsenkirchen und Köln liegen nicht weit von Webers Wohnort in Westfalen entfernt.