Gott, die Bibel und das Glück

Was Christen unter Glück verstehen

30. Dezember 2009


Jahrhundertelang war „Glück“ der Inbegriff des „guten Lebens“ – für den Einzelnen wie für eine Gesellschaft. Heute wird Glück durchaus treffend mit Lebenssinn und im religiösen Kontext mit Heil übersetzt. Aber damit ist die Messlatte ziemlich hoch gelegt, denn Sinn und Heil sind so umfassend gedacht, dass ihre Fülle wohl von keinem Menschen so richtig begriffen oder ergriffen werden kann und dürfte in diesem totalen Ausmaß auch nie richtig erlebbar sein. Für die kleinen Glückserfahrungen ist da kaum Platz. Sinn und Heil sind – aus christlicher Perspektive – nur bruchstückhaft erfahrbar und jetzt nur ein Vorgeschmack auf das, was noch kommt. Geschenke, unverfügbar und im tiefsten nicht machbar – wie Glück, das einem zuteil wird, für das man arbeiten, es aber letztlich nicht machen kann. 

Passen Gott und Glück zusammen? Und kommt Glück überhaupt in der Bibel vor? Als Begriff taucht „Glück“ nur im Alten Testament auf, etwa in der Erzählung von Josef und seinen Brüdern. Über den von seinem Brüdern in die Sklaverei nach Ägypten verkauften Josef heißt es: „Der Herr war mit Josef, und was er tat, dazu gab der Herr Glück“ (1. Mose 39,23). Gott, ein Glücksbringer – das Glück ein Geschenk. Um dieses Geschenk darf der Glaubende bitten: „Er gebe Glück zu unserm Tun“, dichtet Paul Gerhardt (EG 322,6). 

Ein etwas anderer Akzent wird in 5. Mose 30,9 gesetzt: „Der Herr, dein Gott, wird dir Glück geben zu allen Werken deiner Hände.“ Vorausgegangen ist die Ermahnung, Gott zu gehorchen und seine Gebote zu achten. Glück als Verheißung für den, der Gottes gute Ordnung nicht verletzt. Dies bestätigt ein Wort aus Sprüche 16,20: „Wer auf das Wort merkt, der findet Glück; und wohl dem, der sich auf den Herrn verlässt.“ Der Liederdichter Paul Gerhardt notiert: „Ich weiß, dass all mein Tun und Werk in deinem Willen ruhn, von dir kommt Glück und Segen; was du  regierst, das geht und steht auf rechten, guten Wegen“ (EG 497,1). 

Andererseits: Wer sein Glück zu machen versucht, der muss damit rechnen, dass alle Bemühungen buchstäblich ins Leere gehen: „Wiederum sah ich, wie es unter der Sonne zugeht“, heißt es in Prediger 9,11: „zum Laufen hilft nicht schnell sein, zum Kampf hilft nicht stark sein, zur Nahrung hilft nicht geschickt sein, zum Reichtum hilft nicht klug sein; dass einer angenehm sei, dazu hilft nicht, dass er etwas gut kann, sondern alles liegt an Zeit und Glück.“ 

Vielleicht hat Bertolt Brecht deshalb vor diesem Hintergrund gedichtet: „Renn nur nach dem Glück, doch renne nicht zu sehr, denn alle rennen nach dem Glück, das Glück rennt hinterher.“ Wer sein Glück wahrnehmen will, der braucht nur einmal stehen zu bleiben und – im übertragenen Sinne – innezuhalten, sich zu erinnern an die Verheißungen Gottes. Dann könnte ihm Psalm 103,2 einfallen: „Vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“ Gott ist da – das ist das Glück des Glaubenden: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln“ (Psalm 23,1).  

Im Neuen Testament kommt der Begriff „Glück“ überhaupt nicht vor. Allerdings wird dort von Erfahrungen berichtet, die mit dem Wort „Glück“ auf den Punkt gebracht werden können. Zum Beispiel der Hinweis des Paulus: „Meine (Gottes) Kraft ist in den Schwachen mächtig“ (2. Korinther 12,9). Das Glück ist nach christlicher Auffassung auf der Seite der Schwachen, was etwa auch in den Seligpreisungen Jesu zum Ausdruck kommt. Gott steht auf der Seite der Benachteiligten. „Dies ist das genaue Gegenteil der zur Zeit Jesu vorherrschenden Auffassung der römischen Gesellschaft: Die Starken, das waren die, denen die Glücksgöttin Fortuna (fors = Kraft) zugeneigt war“, erläutert Udo Hahn, Leiter des Referates „Medien und Publizistik“ im Kirchenamt der EKD, im neuesten Comic-Videoclip aus der Reihe „E-wie-Evangelisch“ zum Thema „Glück“. Glück zeichne sich nach biblischem Verständnis nicht im Haben (wollen) aus, sondern im Loslassen (können). „Wer sein Leben zu erhalten sucht, der wird es verlieren, und wer es verlieren wird, der wird es gewinnen“ (Lukas 17,33). Jesus ist diesen Weg gegangen – ans Kreuz, in den Tod. Seine Auferweckung hat neues Leben möglich gemacht. Was für ein Glück.

In der Comic-Videoreihe „E-wie-Evangelisch“ erläutern Theologinnen und Theologen wichtige evangelische Begriffe. Produziert werden die Video-Clips vom Evangelischen Kirchenfunk Niedersachsen (ekn) im Auftrag der EKD. Zu sehen sind sie allerdings nicht nur auf kirchlichen Internetportalen wie www.ekd.de, www.evlka.de oder auch auf www.evangelisch.de, sondern dort, wo die kurzen Internetfilme zu Hause sind: www.youtube.de und auf anderen Clip-Portalen. Und bei www.hitradioantenne.com gibt es die kurzen Erklärung auch als Audiofassung. Und wer mehr wissen will, findet unter www.e-wie-evangelisch.de ein ganzes Lexikon mit spannenden Erklärungen zu Begriffen des Glaubens. Die ersten sechs Folgen der unterhaltsamen und lehrreichen Reihe gibt es nun auch unter dem Titel „Und was glaubst Du“ beim Lutherischen Verlagshaus Hannover.