"Wie eine sich öffnende Tür"

Christliche Lebensgemeinschaft Laurentiuskonvent besteht seit 50 Jahren

03. August 2009


Eine sich automatisch öffnende Tür am ehemaligen Berliner Flughafen Tempelhof ist zum Sinnbild für die Lebensphilosophie von Wolfgang Kelm geworden. "Man muss darauf zugehen, dann öffnet sie sich. Wenn man stehen bleibt, passiert nichts", beschreibt er sein Schlüsselerlebnis in den 70er Jahren. Kelm gehörte vor 50 Jahren zu den Mitbegründern der christlichen Lebensgemeinschaft Laurentiuskonvent.

Was ganz selbstverständlich klingt, erweist sich in der praktischen Umsetzung im Leben des früheren Pfarrers als reichlich unkonventionell. Wenige Tage vor Unterzeichnung eines Kaufvertrags für das heutige Anwesen des Laurentiuskonvents im nordhessischen Dorf Wethen habe man noch keinen Pfennig Geld beisammengehabt, sagt Kelm. "Es gab weit und breit keine Bank, die uns einen Kredit geben wollte." Doch er und seine Mitstreiter hätten unbeirrt daran geglaubt, dass der Kauf des Anwesens der richtige Weg sei.

Am Pfingstdienstag 1974, als man die Gebäude erstmals besichtigte, habe in der Herrnhuter Tageslosung der Vers "Ich will Schalom (Frieden) geben an dieser Stelle" gestanden. "Wenn der Herr Schalom geben will, muss er sich kümmern", habe er gedacht, erzählt Kelm. Und: Wenige Tage vor der geplanten Vertragsunterzeichnung habe die Evangelische Kreditgenossenschaft in Kassel den Kredit schließlich gewährt.

Mittlerweile gehören dem Konvent 40 Personen an. "Wir wollten damals eine verbindliche, lebenslange Gemeinschaft", beschreibt Kelm die Motive, die 1959 im niedersächsischen Falkenburg bei Delmenhorst zur Gründung geführt hatten. Dabei sei von Anfang an klar gewesen, dass der Konvent auch Familien umfassen solle. "Unser Leitbild ist niemals das Kloster gewesen, sondern die Gemeinschaft", ergänzt Wilfried Warneck, ebenfalls einer der ersten Stunde.

Eine der bekanntesten Aktionen des Konvents ist das 1992 ins Leben gerufene Schalom-Diakonat, in dem junge Menschen für Friedensarbeit ausgebildet werden. Ansonsten habe man über die Jahre nie einen besonderen Arbeitszweig gehabt. "Wir gucken, was uns vor die Füße gelegt wird", sagt Kelm. Das reicht vom Engagement auf dem Kirchentag über Proteste gegen ein einst in der Wethener Gegend geplantes Atommülllager, von der Entwicklungshilfe über Obdachlosenhilfe bis hin zur Ökumenischen Initiative Eine Welt.

Neben den 40 Konventsmitgliedern, die sich auf Lebenszeit verpflichtet haben, gibt es noch eine eng am Konvent orientierte ökumenische Gemeinschaft, die derzeit rund 50 Mitglieder umfasst. Gemeinsam ist beiden die Spiritualität, die sich etwa in regelmäßigen Morgen- und Abendandachten zeigt, sowie das gesellschaftliche Engagement. Eine der Hausgemeinschaften in Wethen pflegt auch eine Einkommensgemeinschaft.

In den Jahren des Bestehens hat die Gemeinschaft dort insgesamt zwölf Häuser erworben, erst kürzlich einen alten Gasthof. "Es gibt kaum leerstehende Häuser hier", sagt Kelm. Längst reicht die Arbeit des Konvents über Wethen hinaus, auch bei Wetzlar und in Hamburg leben Mitglieder in Gemeinschaften. Die Hamburger sind unter anderem im neu gegründeten "Ökumenischen Forum HafenCity" engagiert.

Über Nachwuchsmangel kann der Konvent nicht klagen. "Da müssen wir eher bremsen", sagt Kelm. Zurzeit gebe es vier Kandidaten, die sich um die Aufnahme beworben hätten. Nach ein bis zwei Jahren Wartezeit beschließt dann die Mitgliederversammlung über den Antrag. "Die neuen Mitglieder werden in einem feierlichen Gottesdienst aufgenommen", erklärt er. Als einen Orden verstehe man sich zwar nicht, doch wer einmal Konventsmitglied geworden sei, bleibe dies sein Leben lang - unabhängig vom Wohnort. (epd)