Rechtfertigung als Existenzbegründung

Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Jordanien und im Heiligen Land feiert 50.Gründungsjubiläum

25. Mai 2009


„Anfangs war ich der Meinung, die lutherische Kirche gehöre nicht ins Heilige Land. Sie schien mir nicht hierher zu passen.“, gesteht der bayrische Landesbischof Johannes Friedrich, Nahost-Beauftragter des Rates der EKD, in seiner Rede in Beit Jala ein: „Doch dann lernte ich, dass es wichtig ist, dass es die örtliche lutherische Kirche gibt. Denn sie vertritt hier die Idee von der Rechtfertigung des Sünders. Und ohne diese Rechtfertigung sind Frieden und Versöhnung nicht möglich.“

Landesbischof Friedrich war unter den vielen Gratulanten aus der Ökumene, die der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land (ELCJHL) zum „Geburtstag“ gratulierten. 1959 wurde die palästinensische Kirche durch einen Erlaß König Husseins von Jordanien, in dem die ELCJHL-Synode offiziell anerkannt wurde, von der deutschsprachigen Kirche im Heiligen Land unabhängig.

Entstanden war die arabische Kirche nicht durch gezielte Mission unter den Einwohnern des Heiligen Landes. Vielmehr engagierte sich die im 19.Jahrhundert im Heiligen Land mit den Anglikanern kooperierende preußische Kirche vor allem in der kirchlichen Versorgung der damals zahlreichen im Land lebenden Deutschen. Diese Arbeit besteht mit der Evangelischen Gemeinde deutscher Sprache in Jerusalem und Amman bis heute fort.

Nachdem anfängliche Bemühungen der Engländer wie der Deutschen in der Missionierung unter den Juden und Muslimen des Landes rasch fehlgeschlagen waren, entwickelte sich in Palästina zudem eine ausgedehnte diakonische Arbeit. Es entstanden Waisen- und Krankenhäuser. Hinzu trat die Bildungsarbeit: zahlreiche Schulen wurden gegründet – mit dem Ziel, dass die so zum Lesen befähigten arabischen Christen ihre orthodoxen und orientalischen Kirchen selbst durch eine Evangelisation reformieren würden. Die Gewinnung von Palästinensern für die evangelische Kirche war nicht beabsichtigt.

Jedoch kam es anders: nach anfänglichen Widerständen konnten sich die Deutschen nicht mehr dem Wunsch vor allem unter den Waisen, evangelisch zu werden, verweigern. Es entstanden palästinensische Gemeinden an der Seite der deutschen Gemeinden. Und bald danach gab es auch die ersten palästinensischen Pfarrer.

Im 1. Und 2.Weltkrieg mußten die deutschen Protestanten Palästina verlassen. Die palästinensischen Geschwister bewahrten viele der deutschen evangelischen Einrichtungen. Dadurch gewannen die arabischen Protestanten an Selbstbewußtsein und Strukturen.

1959 schließlich entließ die deutschsprachige Kirche die Palästinenser in die Eigenständigkeit. Aufgrund des Engagements des Lutherischen Weltbundes entschieden sich die Palästinenser, sich als lutherische Kirche - und nicht wie die Deutschen „uniert“ – sich zu konstituieren. Dennoch blieb man sich weiter verbunden: Der deutsche Propst von Jerusalem blieb vorerst geistlicher Leiter der ELCJHL. Mit der Zeit kamen zu den inzwischen traditionsreichen Gemeinden in Jerusalem, Bethlehem, Beit Jala und Beit Sahur die Gemeinden in Amman und Ramallah hinzu.

1979 „arabisierte“ sich die ELCJHL vollständig und führte einen eigenen Bischof als Leitung ein. Erster Bischof wurde Daud Haddad. Ihm folgten Naim Nassar und der aktuell amtierende Munib Younan. Also ein weiteres kleines Jubiläum, das gefeiert werden kann.

Neben der Gemeindearbeit steht bis heute die Bildungsarbeit im Zentrum der Tätigkeit der ELCJHL. Die lutherischen Schulen genießen hohes Ansehen auf der Westbank. Projekte wie das Begegnungszentrum „Abrahams Herberge“ und das Bildungs- und Kulturzentrum „Dar al-Kalima“ sind international renommiert.

Die Arbeit der ELCJHL wird durch die israelische Besatzung merklich eingeschränkt: Der Mauerbau schneidet die Gemeinden voneinander ab. Israelische Checkpoints behindern immer wieder Kinder auf ihrem Schulweg. Projekte werden immer wieder gestört und blockiert. Vor allem aber gefährdet die stetige Abwanderung vor allem christlicher Palästinenser die kleine lutherische Kirche in ihrer Existenz.

Unterstützt wird die ELCJHL in ihrer Arbeit durch ein Netzwerk internationaler Partner. Diese waren willkommene Gäste zu den Jubiläumsfeiern im Mai. Und unter ihnen waren selbstverständlich auch die deutschen Glaubensgeschwister.