Evangelische Minderheit im Zentrum des Weltkatholizismus

Die evangelische Gemeinde in Rom reicht bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück

04. Mai 2007


Rom ist zwar das Zentrum der römisch-katholischen Weltkirche, doch auch in der italienischen Hauptstadt finden sich Spuren des Luthertums. Bei der Romreise des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, in der vergangenen Woche standen auch evangelische Einrichtungen auf dem Programm.

Deutschsprachige Evangelische Gemeinde: Die evangelische Gemeinde zählt heute rund 350 eingeschriebene Mitglieder. Zumeist sind sie Deutsche oder deutschsprachig - Schweizer oder Österreicher. Hinzu kommen einige wenige Italiener, die sich der Gemeinde angeschlossen haben. In der Christuskirche werden die Sonntagsgottesdienste in deutscher Sprache gehalten, einmal im Monat gibt es einen Gottesdienst auf Italienisch.

Die Anfänge der Gemeinde in Rom gehen auf die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Zum Reformationsjubiläum 1817 entsandte der preußische König einen Pfarrer an die preußische Gesandtschaft beim Heiligen Stuhl. Zu Gottesdiensten konnten sich die Lutheraner in Rom bis 1870 allerdings nur in der Kapelle der Gesandtschaft versammeln. Die Christuskirche wurde 1922 errichtet - nach Plänen von Franz Heinrich Schwechten, dem Erbauer der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche.

Ein historisches Datum für die Christuskirche ist der 11. Dezember 1983. Damals besuchte Johannes Paul II. als erster Papst seit der Reformation eine evangelische Kirche. Die deutschsprachige Gemeinde ist Mitglied der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Italien.

Evangelisch-Lutherische Kirche in Italien (ELKI): Die 1948 gegründete lutherische Kirche umfasst heute zwölf über Italien verstreute Gemeinden, die Bildung zweier weiterer Gemeinden steht bevor. Die Mehrheit der rund 7.000 Mitglieder sind Deutsche, der Anteil italienischer Mitglieder steigt. In dem zu 94 Prozent römisch-katholisch geprägten Italien ist die lutherische Kirche eine winzige Minderheit.

Vom italienischen Staat ist sie seit 1961 rechtlich anerkannt, 1995 erhielt sie durch einen Staatskirchenvertrag offiziell den Status einer kirchlichen Körperschaft. In der neuen Kirchenverfassung von 2004 wurde festgeschrieben, dass es sich um eine zweisprachige Kirche handelt. Die Evangelisch-Lutherische Kirche versteht sich nicht als Auslandskirche, sondern als eigenständige italienische Kirche, die jedoch eng mit der Evangelischen Kirche in Deutschland verbunden ist. Die ELKI gehört zusammen mit Waldensern, Baptisten und der Heilsarmee zu den Gründungsmitgliedern des Bundes evangelischer Kirchen in Italien.

Ökumenisches Studienzentrum Melanchthon: Das nach dem Reformator Philipp Melanchthon benannte Zentrum, das 2002 gegründet wurde, erhält im September eine neue Adresse. In direkter Nachbarschaft zum Deutschen Archäologischen Institut und der Deutschen Schule in Rom bezieht das Institut eine Etage in einem komplett renovierten Gebäude, in dem auch das Konsistorium der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Italien ihren Sitz hat.

Das Studienzentrum wird von der ELKI und der Waldenser-Fakultät für Theologie in Rom getragen sowie von der EKD und der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa unterstützt. Das Zentrum organisiert ein Theologisches Studienjahr für evangelische Theologiestudenten in Rom, daran nehmen aktuell zwölf Studierende teil. Damit sollen die Ökumene-Kenntnis und Kontakte des theologischen Nachwuchses gefördert werden. Zu dem Angebot gehören ferner Studienkurse für Pfarrer und Religionslehrer. (epd)