Toleranz nicht auf Kosten der eigenen Identität

ARD-Themenwoche unter dem Motto "Anders als Du denkst"

15. November 2014

Bedford-Strohm

Die beiden großen Kirchen in Deutschland bekennen sich zu einer toleranten Gesellschaft, wollen aber ihre jeweilige Identität gewahrt wissen. Der Streit um die Wahrheit sei wichtig für die Allgemeinheit, sagte der bayerische evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm am 22. Oktober in München. Toleranz bedeute jedoch nicht, dass Religionen eine gemeinsame Wahrheit finden müssten und damit womöglich ihre eigene Identität aufgäben. Nach den Worten des Vorsitzenden der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, müssen die Religionen die Menschenrechte achten, ebenso sei aber ihre Identität zu respektieren.

Er empfinde das Ringen der Religionen um die Wahrheit als "etwas Wunderbares", unterstrich Bedford-Strohm. Dagegen lasse der Trend zur Harmoniesucht "das Profil der Religionen verschwimmen". Durch falsch verstandene Toleranz gingen kulturelle und religiöse Vielfalt verloren. Es sei aber möglich, um die Wahrheit zu streiten, "ohne den anderen zu vernichten", sagte der Landesbischof. Der Münchner Erzbischof Marx unterstrich die Bedeutung der Toleranz für eine plurale Gesellschaft. Dies sei jedoch als "Sich-Vertragen" zu verstehen, ohne den eigenen Wahrheitsanspruch aufzugeben.

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, bezeichnete es als große Zukunftsaufgabe, Kinder zu religiöser Toleranz zu erziehen. Nach den Worten des muslimischen Philosophen Milad Karimi erhebt der Islam nicht den Anspruch, die Wahrheit zu sein. Mit Blick auf die Terrormiliz "Islamischer Staat" sagte er, Mörder und Sadisten könnten sich nicht darauf berufen, im Namen Gottes zu handeln. Alle religiösen Menschen hätten den klaren Auftrag, Toleranz nicht nur zu leben, sondern auch in der Welt zu stiften.

Die Religionsvertreter äußerten sich bei einer Podiumsdiskussion des Bayerischen Rundfunks im Vorfeld der ARD-Themenwoche. Sie widmet sich vom 15. bis 21. November unter dem Motto "Anders als Du denkst" dem Thema Toleranz. Der BR hat in diesem Jahr die Federführung. (epd)