Bürgerkanzel in St. Nicolai

Projekt des Monats Juli der Internetplattform „Kirche im Aufbruch“

01. Juli 2014

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Prominente Bürgerinnen und Bürger reden über Gott und die Welt. Das ist das Motto der Reihe „Bürgerkanzel in St. Nicolai“. Seit fast 15 Jahren laden die Lüneburger Citykirche, der Kirchenkreis sowie der Sprengel Lüneburg gemeinsam dazu ein, vier Mal pro Jahr. Mit großem Erfolg.

Die Idee gründet in Luthers Lehre vom „Allgemeinen Priestertum aller Getauften“. Danach sind jeder Christ und jede Christin zur Weitergabe des Evangeliums berufen – sei es im geistlichen Amt, im weltlichen Beruf oder in der Familie. Dass namhafte Persönlichkeiten auf der Grundlage eines Bibeltextes öffentlich von ihrem Glauben sprechen und die biblische Botschaft mit ihren Lebenserfahrungen ins Gespräch bringen, ist beispielhaft. Für die christliche Gemeinde ebenso wie für die Bürgergemeinde. Denn so wird auch deutlich, dass beides zusammengehört: der Gottesdienst am Sonntag und der Gottesdienst im Alltag der Welt.

Dass die Lüneburger Bürgerkanzel  gerade in St. Nicolai beheimatet ist, ist kein Zufall: Der Bau der Backsteinbasilika im Wasserviertel wurde 1406 vom Rat des Stadt Lüneburg initiiert. Eine stolze Bürgerschaft widerstand damals dem Ansinnen des Bischofs von Verden, der die Absicht hatte, seinen Sitz in das aufgrund seines Salzreichtums wohlhabende Lüneburg zu verlegen. Der Bischof gab sein Ansinnen auf. Bis heute hat die Stadt das Patronat über St. Nicolai.

Politiker wie Lüneburgs Oberbürgermeister, Landrat und sogar ein amtierender Landesminister gehören zu den bisher rund 60 Kanzelrednern. Ärzte, Juristen, Kaufleute und Soldaten waren in St. Nicolai ebenso zu hören wie etwa Pädagogen, Historiker, Journalisten oder Handwerker. Zu den Voraussetzungen der Kanzelredner gehört, dass sie Mitglied einer Kirche sind.

Die Bürgerkanzel ist in Lüneburg längst zur Institution geworden. Die Teilnehmerzahlen sind in den Bürgerkanzel-Gottesdiensten durchweg besser als an „normalen Sonntagen“. Vor allem aber ist die Zusammensetzung der Gemeinde immer wieder unterschiedlich. Jeder Redner zieht „seine“ Zuhörer in die Kirche, auch aus dem privaten und beruflichen Umfeld. Unübersehbar war das zum Beispiel beim Auftritt einer Hebamme. Zu  den Gottesdienstteilnehmern gehörten viele dankbare Eltern und Kinder, denen jene Hebamme auf die Welt geholfen hatte – Neugeborene ebenso wie Teenager.

Besonders gut besucht war der Gottesdienst als die aus der Fernsehserie „Rote Rosen“ bekannte Schauspielerin Brigitte Antonius auf der Kanzel stand. In ihrer Predigt über die Versuchung Jesu übertrug sie das Bibelwort „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“ auf die Gegenwart. „Ich stelle mir vor, Jesus hatte nach 40 Tage langem Fasten viel Hunger, umso wunderbarer ist seine Haltung“, sagte Brigitte Antonius mit der ihr eigenen feinen Diktion. Menschen sollten nicht wegschauen, wenn ein anderer in Not ist. „Selber den Stein in Brot verwandeln“, lautet für sie eine Botschaft der Erzählung, „den lieben Gott mit dem eigenen Herzen berühren“.

Die Bürgerkanzel in St. Nicolai ist das  Projekt des Monats Juli der Internetplattform „Kirche im Aufbruch“. Runde Tisch und Bürgerkanzeln sind dort das Thema in diesem Monat Monat des Dekadejahres „Reformation und Politik“ 2014.