Gottes Beistand auch in Niederlagen

Olympiapfarrer begleiten die deutsche Mannschaft nach Sotschi

31. Januar 2014

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Frankfurt a.M. (epd). Während die deutsche Mannschaft die letzten Vorbereitungen für Olympischen Winterspiele im russischen Sotschi trifft, packen auch die "Olympiapfarrer" ihre Koffer. "Wir sind Exoten in dem Wettkampfbetrieb", sagt der westfälische evangelische Pfarrer Thomas Weber. Gemeinsam mit seinem katholischen Kollegen Thomas Nonte steht er den mehr als 150 deutschen Sportlern bei den Olympischen Spielen vom 7. bis 23. Februar zur Seite. Der Exotenstatus sei auch ein Vorteil, urteilt Weber: Die Sportler wüssten, dass es dem Pfarrer nicht um die sportliche Leistung gehe und sie vertraulich reden könnten.

"Wo findet man denn sonst bei Olympia einen Rückzugsraum, in dem man auch mal in sich gehen und seinen Tränen freien Lauf lassen kann?", fragt Weber und erzählt von einem Gottesdienst während der Olympischen Spiele vor einigen Jahren. Damals standen strahlende Medaillengewinner und niedergeschlagene Verlierer nebeneinander. Manche Sportler weinten. "Es war eine beeindruckende halbe Stunde", sagt Weber, der eigentlich Gemeindepfarrer im westfälischen Gevelsberg ist und seit 2006 auch Olympiapfarrer.

"Die Sportler haben viele Jahre lang auf diesen Moment hin trainiert, das ist eine extreme Situation in diesem Lebensabschnitt", weiß Thomas Nonte, hauptamtlicher Sportpfarrer der katholischen Kirche. "Als Olympiapfarrer steht man wie ein Feuerwehrmann in ständiger Bereitschaft, wenn der Ruf kommt: Ich muss mal mit jemanden reden". Der Theologe aus dem rheinischen Lengenfeld, selbst begeisterter Bergsteiger und Sporttaucher, ist erstmals als Pfarrer bei den Olympischen Spielen dabei.

Die Pfarrer feiern ökumenische Gottesdienste und Andachten. Gemeinsam haben sie außerdem die Broschüre "Mittendrin" zusammengestellt, die die Teammitglieder als "geistliches Trainingsbuch" bekommen.

Für die Betreuung der Sportler bei den Paralympics im März reist dann der Holzmindener evangelische Pfarrer Christian Bode nach Sotschi. "Unsere Aufgabe ist es, mittendrin zu sein", sagt auch er: "Medaillen mitfeiern, ist einfach; wir haben aber auch ein offenes Ohr, wenn es mal nicht so klappt".

Mit dem Austragungsort im russischen Sotschi sind diesmal auch die Themen Menschenrechtsverletzungen und Einschränkung der Demokratie in den Fokus geraten. "Viele, auch in der Kirche, fragen uns: Wie könnt Ihr denn da hinfahren?", berichtet Weber. Natürlich würden sie in Sotschi mit den Sportlern auch über Menschenrechte und die Umweltzerstörung reden. Weber hat aber auch Verständnis für Athleten, die für die Extremsituation des Wettkampfes alles andere um sich herum ausblenden wollten.

"Unsere Rolle ist es, die deutschen Teammitglieder zu betreuen, als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen". Für den Theologen, der selbst Handball und Tennis spielt, ist die Präsenz der Kirche bei den Olympischen Spielen ein wichtiges Signal. Ein wenig sei es wie bei der Seelsorge für Bundeswehrsoldaten im Ausland: "Da geht es auch darum, als Seelsorger die Soldaten zu begleiten, und nicht darum, den Krieg gut zu finden, oder die Situation im Gastgeberland verändern zu wollen."

Zwischen Erfolg und Niederlage im Hochleistungssport verdichten sich für Weber zentrale Themen des Lebens. Wenn ein Sportler, der sich viele Jahre auf den Wettkampf vorbereitet hat, einen vierten Platz belegt, heißt es, er habe versagt. "Das ist in unserer Gesellschaft genau so: Wer die Anforderungen nicht erfüllt, gilt schnell als Versager". Der Mensch habe als Geschöpf Gottes aber eine Würde verliehen bekommen, sagt Weber: "Egal, ob wir auf dem Podest stehen oder Letzter werden, das spielt für unseren Wert als Mensch keine Rolle."

Besonders jüngere Olympioniken müssten oft lernen, mit Niederlagen umzugehen. Aber erst das Überwinden einer Niederlage forme die Persönlichkeit, ist der Theologe überzeugt. "Als Pastor sage ich: Aufstehen mit Gottes Hilfe ist auch ein Angebot unseres Glaubens."