Gospel, Pop und Orgelklänge

Das Jahr der Kirchenmusik geht zu Ende

30. Dezember 2012

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Düsseldorf (epd). Der letzte Ton wird am 31. Dezember in der Zittauer St. Johanniskirche erklingen. Dann feiert das wohl ehrgeizigste Musikprojekt der evangelischen Kirchen in Deutschland seinen Abschluss: Unter dem Motto "366+1 - Kirche klingt" hat sich ein Jahr lang Tag für Tag ein kirchenmusikalisches Band durch die Republik gezogen. Zwischen dem Auftakt am Neujahrstag in Augsburg und dem Abschluss im sächsischen Zittau lagen Konzerte in Kirchen oder Chorsingen in Fußgängerzonen.

Die Kirchenmusikreihe war das Kernstück des Themenjahres "Reformation und Musik", zu dem die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) aufgerufen hatte. Das Angebot reichte vom Gospelkirchentag in Dortmund und dem biblischen Pop-Oratorium "Zehn Gebote" in mehreren Landeskirchen über Chor- und Jazz-Festivals in Greifswald, Nürnberg und Bielefeld bis zu international besetzten Tagungen.

Die Konzertreihe "366+1" habe es geschafft, ganz Deutschland quer durch alle Altersgruppen und Genres zum Klingen zu bringen, zieht der Organisator des EKD-Projekts, Klaus Martin Bresgott, eine positive Bilanz. In eigens dafür gebildeten Allianzen von Profis und Laien, Kantoreien und freien oder Musikschulensembles seien neue Möglichkeiten eröffnet und Hörer gewonnen worden. Zugleich sei durch die positive Energie der Musik bundesweit das Reformationsjubiläum 2017 ins Bewusstsein gerückt worden, erklärt der Referent im Kulturbüro der EKD in Berlin.

Mit jährlich wechselnden Themen will die EKD für in ihrer Lutherdekade auf das 500. Jubiläum der Reformation einstimmen. Der Thesenanschlag des Reformators Martin Luther im Jahr 1517 in Wittenberg gilt als der Auslöser der Kirchenreformation in Deutschland. Das Jahr 2012 war der "Reformation und Musik" gewidmet.

"Musik war der Herzschlag der Reformation", ist der EKD-Ratsvorsitzende und rheinische Präses Nikolaus Schneider überzeugt. Die Christenheit habe unendlich viel gewonnen durch den evangelischen Choral, dessen Anfänge auf Martin Luther zurückgingen. Aber auch heutzutage diene die Musik der Kirche der Verbreitung des Evangeliums ebenso wie das gesprochene Wort, betont die westfälische Präses Annette Kurschus. Ohne Musik könne die Kirche nicht leben.

Für den Erhalt der Kirchenmusik sind nach Meinung von Experten jedoch besondere Anstrengungen nötig. Andernfalls droht der evangelischen Kirche schon bald ein Mangel an qualifizierten Kirchenmusikern, warnen viele Kirchenmusikexperten. Berechnungen der EKD zufolge wird die Zahl der Pensionierungen von ausgebildeten Kirchenmusikern in den nächsten Jahren deutlich höher sein als die möglicher Absolventen.

"Die Evangelische Kirche braucht gut ausgebildete und engagierte Kirchenmusiker", betont der EKD-Ratsvorsitzende Schneider. Die Berufsaussichten für Kirchenmusik seien gegenwärtig so gut sind wie noch nie, wirbt Schneider anlässlich des zu Ende gehenden Themenjahres um Nachwuchs für das Studium der Kirchenmusik.

Dem Nachwuchsmangel müsse mit attraktiveren Stellen und einer besseren Bezahlung entgegengesteuert werden, fordert der Berliner Landeskirchenmusikdirektor Gunter Kennel. Das Amt des Kirchenmusikers müsse genauso attraktiv wie der Pfarrberuf werden, mahnt der Vorsitzende der Ständigen Konferenz für Kirchenmusik in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

"Das Jahr der Kirchemusik hat gezeigt, was die Kirchenmusik zu bieten hat. Jetzt muss die Qualität in der Fläche gesichert werden", erklärt der rheinische Kirchenmusikdirektor Ulrich Cyganek. Nur zehn Prozent der Kirchenmusiker seien studierte hauptamtliche Kirchenmusiker. Der Mehrzahl seien nebenamtliche Musiker. Ansätze zur Absicherung der Musik gibt es bereits. So hat die westfälische Kirche im November ein spezielles Kirchengesetz beschlossen, nach dem es allen in westfälischen Kirchenkreisen künftig ein Minimum an Kirchenmusikstellen geben soll.