Aufmerksamkeit und Unterstützung

Zehn Jahre Ecumenical Accompaniment Programme in Palestine and Israel (EAPPI)

21. Juni 2012

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Es gibt Christen in Palästina!? Wenn Touristen aus Europa und Amerika von einer Pilgerfahrt aus dem Heiligen Land zurück kommen, haben sie die Grabeskirche und die Geburtskirche gesehen, den Garten Gethsemane und den Jordan, aber die meisten von ihnen hatten keine Begegnung mit palästinensischen Christen. Den leidvollen Alltag unter der israelischen Besatzung, der Christen wie alle Palästinenser unterworfen sind, lernen sie nicht kennen. Um das zu ändern, hat der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) –auf Bitte der Jerusalemer Kirchenführer ein eigenes Programm eingerichtet. Es soll diese Aufmerksamkeit herstellen und gleichzeitig alle diejenigen im Land unterstützen, die sich für Gewaltfreiheit und für ein baldiges Ende der Besetzung Palästinas engagieren.

Seit zehn Jahren läuft dieses Programm jetzt; das Ecumenical Accompaniment Programme in Palestine and Israel (EAPPI). In der EKD, die das Programm im ÖRK unterstützt, sind das Berliner Missionswerk, die Evangelische Mission in Solidarität, das Evangelische Missionswerk, Brot für die Welt und der Evangelische Entwicklungsdienst - sowie von katholischer Seite Pax Christi - daran beteiligt und schicken ca. zehn Freiwillige pro Jahr nach Israel/Palästina. Diese leben mit Freiwilligen aus vielen anderen Ländern und Kirchen der Welt jeweils für ein Vierteljahr in einem der Orte, die besonders hart betroffen sind. Die Freiwilligen gehen in die Checkpoints und versuchen dort, willkürliche Menschenrechtsverletzungen zu verhindern. Sie fahren in die Dörfer, die von großen israelischen Siedlungsblocks bedroht, von Straßen und Sicherheitszonen nur für Siedler beeinträchtigt sind oder deren Felder enteignet werden. Sie besuchen Familien, deren Häuser abgerissen werden sollen oder gerade abgerissen wurden. Sie gehen mit Betroffenen bis in den Gerichtssaal und begleiten Demonstranten auf der Straße. Sie sind präsent an den Schmerzpunkten der Besetzung, die nun schon 45 Jahre lang dauert.

Der Konflikt zwischen Israel und Palästina ist asymmetrisch: Israel ist ein Staat und eine starke Besatzungsmacht; Palästina ist kein Staat, es verfügt nur über eine eingeschränkte Autonomie. In Israel kann man gut leben, ohne an die Zustände in den besetzten Gebieten erinnert zu werden. Wenige Israelis leiden heutzutage unter dem Konflikt. Aber auch mit denen hält das Programm Kontakt: Etwa in der Stadt Sderot, die von den Raketen aus dem Gazastreifen getroffen wird. Palästinenser dagegen spüren die Besatzung jeden Tag und sie erleben Israelis fast ausschließlich als Soldaten und Siedler. Umso wichtiger ist es, dass das Programm (EAPPI) mit israelischen Friedensgruppen und Menschenrechtsorganisationen zusammenarbeitet und sie auch bis in die Dörfer und Konfliktherde in Palästina begleitet.

Die größte Herausforderung erwartet die Freiwilligen vom EAPPI, wenn sie nach Deutschland zurück kommen und von ihren Erfahrungen  berichten, Vorträge halten oder in Seminaren auftreten. Sie müssen das Leid der Palästinenser darstellen, aber auch das alte Trauma, das die Angst der Israelis festschreibt. Sie müssen die Verantwortung stärken, die Deutsche gegenüber Juden tragen. Und sie müssen die Erwartung darstellen, die auch Palästinenser gegenüber den Deutschen haben. Deutschland könnte doch, so hoffen die Palästinenser, einen stärkeren Einfluss auf eine konstruktive Friedenspolitik der israelischen Regierung nehmen.

Das Programm besteht nun seit zehn Jahren. Es ist zu wünschen, dass es keine weiteren zehn Jahre braucht, bevor die Besetzung beendet und ein Frieden in Gerechtigkeit geschaffen wird!