Die deutschsprachige evangelische Kirche am Bosporus

Der 150. Jahrestag der Einweihung der Kreuzkirche in Istanbul

03. Dezember 2011

Kreuzkirche in Istanbul

Das Medienecho war groß, als der deutsche Kaiser 1889 bei seinem Besuch in Konstantinopel auch die deutsche evangelische Kirche zu einem Gottesdienst besuchte. Ausführlich berichtete etwa die Berliner "Illustrirte Zeitung" über die militärischen Ehren, mit denen er vor der Kirche empfangen wurde. Inzwischen ist die Kreuzkirche in Istanbul 150 Jahre alt. An diesem Wochenende feiert die Gemeinde den 150. Jahrestag der Einweihung.

Die Wurzeln der Gemeinde reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück: Damals zog es zahlreiche deutsche Handwerker auf der Suche nach Arbeit an den Bosporus. Zu den Gemeindegründern gehörten 1843 aber auch Kaufleute, die im Mittelmeerraum Handel betrieben, preußische Offiziere im türkischen Dienst oder Angestellte der preußischen Gesandtschaft. Nachdem sich die Protestanten in den ersten Jahren in der schwedischen oder niederländischen Gesandtschaftkapelle zum Gottesdienst trafen, weihten sie 1861 ihre eigene Kirche ein.

Von ihren Anfängen an war die deutsche Gemeinde sehr stark sozial engagiert. Die deutschen Zuwanderer gründeten karitative Vereine - den Wohltätigkeitsverein "Evangelisches Asyl", einen Frauenwohlfahrtsverein ebenso wie einen Schulverein. 1846 wurde ein deutsches Krankenhaus eröffnet. 1850 entstand die deutsche Schule.

Im Vergleich zu den deutschen Heimatgemeinden ist die evangelische Auslandsgemeinde in der Türkei relativ jung. In dem weitgehend muslimisch geprägten Land gehören die deutschsprachigen Protestanten einer winzigen Minderheit an. Nur 0,2 Prozent der Bevölkerung in der Türkei sind Christen. Weltweit gibt es heute 140 evangelische Auslandsgemeinden. Die älteste ist die deutsche Gemeinde in Stockholm, die bereits 1571 gegründet wurde.

Das Grundstück, auf dem die Kreuzkirche in Istanbul heute steht, wurde 1843 von der Preußischen Gesandtschaft gekauft, Rechtsnachfolger war das Deutsche Reich, später wurde das Areal an die Gemeinde abgetreten. Heute versteht sich die Gemeinde als Eigentümer. Derzeit prüft sie etwaige Rechtsansprüche, die sich aus dem im August von der Regierung in Ankara verabschiedeten Gesetz zur Rückgabe von 1936 enteignetem jüdischen und christlichen Eigentum ergeben.

In Istanbul hat die deutschsprachige evangelische Gemeinde heute rund 250 eingetragene Mitglieder - Diplomaten, Lehrer an der deutschen Schule oder Angestellte in internationalen Unternehmen. Ursula August ist seit Februar 2011 Pfarrerin am Bosporus. Rund 20 Prozent der Gemeindemitglieder sind wegen eines Arbeitsaufenthaltes nur für kurze Zeit in der Stadt, schätzt die westfälische Pfarrerin, die 2010 von der Evangelischen Kirche in Deutschland in die Auslandsgemeinde nach Istanbul entsandt wurde.