Evangelische Kirche im deutschen Kolonialismus

Forschungsprojekt unter Beteiligung von Wissenschaftlern aus Namibia, Südafrika und Deutschland

08. September 2011

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Seit mehr als 300 Jahren leben deutsche Siedler im südlichen Afrika. Im Jahr 1780 wurde die erste evangelische Gemeinde deutscher Siedler in Kapstadt gegründet. Seit dieser Zeit unterstützen Kirchen, Missionswerke und kirchliche Vereine in Deutschland die Arbeit der deutschsprachigen evangelischen Gemeinden im Gebiet des heutigen Südafrika und Namibia.

Im Mittelpunkt dieser Zusammenarbeit stand neben der Verkündigung des Evangeliums und der pastoralen Versorgung der Deutschsprachigen auch die Förderung der Beziehung zu den deutschen Kirchen über viele Jahrzehnte und die Bewahrung von deutscher Sprache, Kultur und Identität.

Diese Orientierung der deutschen evangelischen Auslandsarbeit wurde immer wieder kritisiert. Schon seit Ende des 19. Jahrhunderts strebten die deutschen Siedler durch die Gründung von eigenen Synoden und Kirchen nach Unabhängigkeit und Eigenständigkeit. Seit mehr als 50 Jahren wird der Auslandsarbeit vor allem von den aus der Missionsarbeit entstandenen schwarzen Kirchen vorgeworfen, Nationalität und Rasse über die Universalität des Evangeliums zu stellen und so zur Entstehung von Systemen der Rassentrennung im südlichen Afrika beigetragen zu haben.

Nach dem Ende der Apartheid haben die lutherischen Kirchen im südlichen Afrika immer wieder betont, wie wichtig es ist, diese kontroverse Geschichte aufzuarbeiten. Die Gedenkveranstaltungen im Jahr 2004 zum 100. Jahrestag des Völkermordes und des Kolonialkriegs in Namibia waren ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie das gemeinsame Gedenken zur Versöhnung beitragen kann.

Der Studienprozess zur Rolle der deutschen evangelischen Auslandsarbeit im kolonialen südlichen Afrika, zu dem die Evangelische Kirche in Deutschland auf Initiative der Evangelischen Kirche im Rheinland und der Vereinten Evangelischen Mission Kirchen und Missionswerke im südlichen Afrika und in Deutschland eingeladen hatte, versucht, für diesen Versöhnungsprozess die notwendige historische Grundlage zu legen. Der Studienprozess hat die Form eines wissenschaftlichen Forschungsprojekts und ist interdisziplinär und partizipatorisch angelegt. An der Forschungsarbeit haben Wissenschaftler aus Südafrika, Namibia und aus Deutschland mitgewirkt.