Irlands heiliger Berg

Der Croagh Patrick zieht jedes Jahr rund eine Million Pilger und Wanderer an

04. August 2011

20110803_croagh470

Phil und Hanna Brady aus dem irischen Westport kommen seit 15 Jahren. Einmal im Jahr erklimmen sie wie Tausende andere Pilger und Wanderer den Croagh Patrick, der als "heiliger Berg" der Iren gilt.

Die rund 765 Meter hohe Erhebung im County Mayo an der Westküste der Insel zieht seit Jahrhunderten die Gläubigen an. Im Jahr 441 soll der Missionar und Nationalheilige Patrick 40 Tage und Nächte betend und fastend - wie Jesus in der Wüste - auf dem Gipfel des kegelförmigen Bergs verbracht haben. Er hat der Legende nach mit Geistern, Drachen und Dämonen gekämpft.

An einer Seite des Berges soll er eine Glocke hinab geworfen haben, um damit die Schlangen von Irland zu vertreiben. Der Ort, an dem die Glocke angeblich landete, ist ein U-förmiges Tal. Doch in Wahrheit hat es damals in Irland gar keine Schlangen gegeben. Die Vertreibung ist offenbar bildlich gemeint und steht für die Vertreibung des Heidentums.

Höhepunkt der Pilgerwanderungen ist der letzte Sonntag im Juli, an dem etwa 25.000 Gläubige und Wanderfreunde kommen. Nach langem Aufstieg können sie oben auf dem Gipfel die Kapelle betreten, die am 30. Juli 1905 geweiht wurde. Die Pilger kommen, "um ihre Sünden zu sühnen", erklärt Phil Brady, der besonders stolz darauf ist, den Berg mit nackten Füßen zu besteigen. An drei Stationen müssen sie unterwegs Steinhaufen umrunden, mehrere Vaterunser sowie das Glaubensbekenntnis sprechen.

Je nach körperlicher Konstitution dauert der Aufstieg mindestens vier Stunden. Von oben hat man - vorausgesetzt, der Gipfel des heiligen Bergs ist nicht wolkenverhangen - eine herrliche Sicht auf die Clew Bay und vorgelagerte Inselchen.

Croagh Patrick war aber lange vor dem Einzug des Christentums auf Irland ein geheiligter Ort. Er wurde als einer der Hauptorte für das Erntefest Lughnasa betrachtet. "Frauen besuchten den Gipfel zur Förderung ihrer Fruchtbarkeit", weiß die 32-jährige Sophie Callahan. Nach Angaben der Gemeinde Murrisk kommen übers Jahr gesehen fast eine Millionen Menschen zum Croagh Patrick, um dem Nationalheiligen die Ehre zu geben und um die schöne Aussicht zu genießen.

Der Heilige Patrick, der im 5. Jahrhundert lebte und das Christentum auf Irland verbreitete, wanderte offensichtlich durch die gesamte Insel. Jedenfalls, wenn die Touristiker alle vermeintlichen Spuren des Sankt Patrick als echt anerkennen würden. Der Berg Croagh Patrick allerdings gilt als eine der Stätten mit den eindeutigsten Verbindungen zum Schutzpatron.

Im Jahr 432 soll Patrick in der Grafschaft Down seine ersten Predigten gehalten haben. Ein Schild weist die Gegend als "ersten kirchengeistlichen Ort in Irland" aus. Nicht weit entfernt wurde 1.500 Jahre später, im Jahr 1932 die größte Statue für den Heiligen in der Welt errichtet und der Hügel, auf dem sie steht, in Slieve Patrick umbenannt.

Um den Nationalheiligen ranken sich viele Legenden. Historisch verlässliche Berichte gibt es kaum. In Dublin etwa soll Sankt Patrick an einer Quelle Anhänger getauft haben, die zum Christentum konvertierten. In Erinnerung an seinen Besuch wurde eine kleine Holzkirche an dieser Stelle gebaut, eine der vier keltischen Gemeindekirchen in Dublin. Zwischen 1200 und 1270 wurde dann die St. Patricks Kathedrale errichtet, immer noch die größte Kirche des Landes. Das angebliche Grab des Heiligen befindet sich in Downpatrick in der Grafschaft Down, auf dem Friedhof der dortigen Kathedrale.

Bei seiner Missionarstätigkeit soll Patrick bemerkt haben, dass seine Zuhörer große Schwierigkeiten hatten, die Heilige Dreifaltigkeit zu verstehen. Er bediente sich daraufhin eines Kleeblatts, dessen drei Blätter ein ganzes Kleeblatt bilden. Das sollen die Iren damals sofort verstanden haben. Seither ist das dreiblättrige Kleeblatt, der "Shamrock", das Symbol Irlands.

Patrick gründete Klöster, Schulen und Kirchen im ganzen Land. Er hatte nicht nur seine Religion auf die Insel mitgebracht, sondern auch seine Bildung. Geschichten wurden von nun an niedergeschrieben und nicht mehr nur mündlich überliefert, heißt es.

Wenn heute von St. Patrick die Rede ist, denken die meisten Menschen an den 17. März, den Gedenktag des Heiligen Patrick und irischen Nationalfeiertag. Der 17. März 461 war der mutmaßliche Todestag, in anderen Quellen ist von 493 die Rede. Auch in der irischen Diaspora wird dieser Tag von Iren weltweit als ihr "St. Patrick's Day" ausgelassen und mit Paraden gefeiert. (epd)