Jubiläum am Kap der Guten Hoffnung

Deutsche Gemeinde in Kapstadt feiert 150jähriges Bestehen

08. April 2011

Deutsche Evangelisch-Lutherische Gemeinde St. Martini Kapstadt

An diesem Sonntag predigt ein besonderer Gast in der St. Martini-Kirche in Kapstadt (Südafrika): Anlässlich des 150jährigen Bestehens besucht der Geistliche Vizepräsident der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, Arend de Vries, die Deutsche Gemeinde. St. Martini ist von Anfang an eng mit der hannoverschen Landeskirche verbunden, erklärt Pastor Siegfried Hambrock: Bereits im Jahre 1800 kam der hannoversche Pfarrer Christian Heinrich Hesse aus Meine in Niedersachsen als erster vom Landeskonsistorium in Hannover nach Südafrika entsandte Pastor in Kapstadt an, um die – damals noch zur holländischsprachigen Lutherischen Gemeinde gehörige - vakante Pfarrstelle in der Strandstraße zu übernehmen. Dieser vielgebildete Mann aus einer alten hannoverschen Pfarrerfamilie trug wesentlich zum Aufbau der damals noch kleinen lutherischen Gemeinde am Kap bei. Auch sein Nachfolger, Pfarrer Friedrich Justus Kaufmann (von 1817-1827), kam aus der hannoverschen Kirche.

Schon wenige Tage nach der Gründung der deutschsprachigen St. Martini Gemeinde durch den hannoverschen Pastor Johann Ludolf Parisius im Jahr 1861 wandte die neue Gemeinde sich an das Konsistorium in Hannover mit der Bitte, die  „Fürsorgepflicht und Aufsicht“ der Gemeinde zu übernehmen. Diese Bitte wurde in einem Schreiben des Konsistoriums vom Januar 1862 erfüllt. Dies führte dazu, dass die meisten später gegründeten deutschen Siedlergemeinden in der damaligen britischen Kapkolonie sich auch der hannoverschen Landeskirche unterstellten. Sie bekamen viele ihrer Pastoren über das Konsistorium bzw. das Landeskirchenamt in Hannover und wurden von der hannoverschen und anderen  Landeskirchen über viele Jahrzehnte mit finanziellen und anderen Beihilfen unterstützt.

Diese Verbindung wurde 1897 weiter verstärkt durch die Generalvisitation aller mit Hannover verbundenen lutherischen Gemeinden in Südafrika durch den Geheimen Konsistorialrat D. Dr. Emil Petri. Ältere Gemeindeglieder erinnern sich auch noch lebhaft an die Visitationsreise von Bischof D. Dr. Hanns Lilje im Jahre 1952 und seine Teilnahme an der Synodaltagung in St. Martini der inzwischen entstandenen “Deutschen Evangelisch-lutherischen Synode in Südafrika” – seit 1961 die “Evangelisch-lutherische Kirche im südlichen Afrika (Kapkirche)”. Diese Kirche ist seit ihrer Gründung vertraglich mit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) verbunden, unter Beibehaltung ihrer besonderen Verbundenheit mit der Landeskirche Hannovers.

Nun bietet St. Martini am Ende der Long Street in Kapstadt Innenstadt seit 150 Jahren geistliche Versorgung, geistliche Heimat, Gemeinschaft und auch Kultur für die Deutschen in der südafrikanischen Metropole, berichtet Pastor Siegfried Hambrock. Aber eben nicht nur für die Deutschen: Schon immer waren Menschen aller Sprachen in der Gemeinde willkommen. Ein Teil der Angebote ist in Deutsch, Englisch und manchmal Afrikaans. Da Hambrock selbst Südafrikaner und dreisprachig ist, ist es kein Problem, Angehörige, Familienmitglieder, Gäste und Freunde anderer Sprachen einzubinden.

Vor allem jungen Menschen den Glauben an Gott zu vermitteln liegt der Gemeinde sehr am Herzen. Über 100 Kinder und Jugendliche füllen jede Woche das St. Martini Gemeindezentrum und zeigen eine lebendige Kinder- und Jugendarbeit unter der Leitung des Jugenddiakons, Johannes Herter. Der allergrößte Teil der Kinder und Jugendlichen, die an den Veranstaltungen und Freizeiten der Gemeinde teilnehmen, kommen aus Familien, in denen die Eltern nicht zur Gemeinde gehören, ja manchmal sogar ein sehr distanziertes kritisches Verhältnis zur Gemeinde und zum Glauben haben.

Auch die Musik spielt in der Gemeinde eine große Rolle: als Ausdruck der Gemeinschaft des Glaubens und gleichzeitig als Vehikel, Außenstehende menschlich auf ihrer jeweiligen musikalischen Wellenlänge mit der Botschaft von Jesus zu erreichen. So gibt es in den Gottesdiensten in St. Martini Orgel- und Posaunenmusik, Begleitung von Liedern auf Klavier, mit Geigen oder Querflöten, moderne Musik mit Gitarre, Schlagzeug und Keyboard. Parallel zu traditionellen Liedern, werden sogenannte „Anbetungslieder“, die vor allem von Jugendlichen bevorzugt werden, gesungen.

Kapstadt ist eine große Touristenattraktion. Für Kapstädter ist es „normal“, dass es ständig Gäste oder Fremde gibt. Das „Kommen und Gehen“ von vielen Unbekannten und manchmal schon Bekannten ist Teil des Lebensgefühls in Kapstadt. Das hat für die Gemeinde in der Innenstadt Kapstadts Konsequenzen. St. Martini lädt ein, geht ein Stück Weg mit, erlebt gemeinsam mit neu Kennengelernten Freude, Trauer, Segen, verabschiedet und hofft, dass die „Saat, die gesät wurde“, wächst – und vielleicht an einer ganz anderen Stelle Frucht trägt.

Es ist für die Gemeinde von Anfang an wichtig gewesen, für andere da zu sein. Darum hat die St. Martini-Gemeinde in ihrer Geschichte bis heute viele Projekte angefangen, Institutionen gegründet, Initiativen unterstützt. So wurde z.B. vor 128 Jahren die Deutsche Schule Kapstadt von der Gemeinde gegründet, vor beinahe 100 Jahren das Friedrich-Schweizer-Kinderheim  und vor 50 Jahren der St. Martini Kindergarten. St. Martini ist an der Gründung des deutschen Altenheims St. Johannis in Kapstadt beteiligt gewesen so wie an der Gründung des Sozialprojekts iThemba LaBantu in einem Armenviertel auf den Cape Flats.