Begegnung am Nabel der Reformation

Deutsch-koreanische Kirchenkonsultation in Lutherstadt Wittenberg

01. April 2011

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Die Delegation des National Council of Churches in Korea (Koreanischer Nationalrat der Kirchen, dem acht verschiedene evangelische Kirchen angehören) hatte zuvor Berlin besucht und an einem Gottesdienst in der Versöhnungskapelle teilgenommen, bei dem Bischof Dr. Markus Dröge die Predigt gehalten hatte. Dieser Ort hat speziell für Korea so etwas wie einen Symbolcharakter, denn die Versöhnungskapelle ist genau an der Stelle errichtet, an der die ursprüngliche Versöhnungskirche gestanden hatte, die 1985 vom SED-Regime gesprengt worden war. Durch den Bau der Berliner Mauer war die Kirche dmals im Todesstreifen zwischen Ost und West von ihren Gemeindemitgliedern abgetrennt und zu einem Symbol der Teilung Deutschlands geworden.

Die vom Generalsekretär des Koreanischen Kirchenrates, Pfarrer Dr. Young-Ju Kim, geleitete elf-köpfige Delegation besichtigte die historischen Lutherstätten in Wittenberg. Sie pflanzte im Rahmen eines deutsch-koreanischen Gottesdienstes einen Baum im Luthergarten, der an die weltweite Ausbreitung der Reformation erinnern soll, die 1517 von Wittenberg ausgegangen ist. In ihrer Begegnung haben die deutschen und koreanischen Kirchenvertreter auf ihre gemeinsamen Wurzeln in der von Martin Luther begonnenen Reformation verwiesen.

Ein Thema der Konsultation war die Rückbesinnung auf die Bedeutung der ökumenischen Bewegung und insbesondere des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) für die Kirchen in Korea und Deutschland nach 1945. Der Beitrag der Ökumene zur Demokratisierung und Durchsetzung der Menschenrechte in Südkorea wurde besonders hervorgehoben, aber auch das ökumenische Engagement der Kirchen beider Länder für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung wurde gewürdigt.

Ein weiteres Thema war die Beschäftigung mit einem zeitgemäßen Missionsverständnis. Besonders das Verhältnis zu anderen Religionen spiele nach Aussage der Theologen aus beiden Ländern eine bedeutende Rolle. Es sei ein respektvolles Verhalten gegenüber anderen Glaubensrichtungen geboten, wenn die christlichen Kirchen zum friedlichen Zusammenleben der Menschen beitragen wollten. Die christliche Mission müsse mit dem Eintreten der Kirchen für Frieden und Versöhnung im Einklang stehen - einer aggressiven Missionstätigkeit, die die religiösen Gefühle verletze, erteilten die Kirchenvertreter eine klare Absage.

Ein Schwerpunkt der Konsultation war der Ausblick auf die im Oktober 2013 in der südkoreanischen Hafenstadt Busan stattfindende 10. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen. Als Gastgeber steht der Koreanische Rat der Kirchen vor großen Herausforderungen. Die koreanischen Kirchen seien von ihrer Stellung am Rande der ökumenischen Bewegung jetzt in deren Mitte angekommen, meinte der Generalsekretär der anglikanischen Kirche Koreas, Pfarrer Gwang-Joon Kim.

Der Auslandsbischof der EKD, Martin Schindehütte, formulierte für die deutschen Kirchen die Erwartung, dass sich insbesondere die asiatischen Kirchen stärker an der Arbeit und auch an der Finanzierung des ÖRK beteiligten. Besonders dringlich sei aber das Thema Klimagerechtigkeit und die Selbstverpflichtung der Christen zu einem veränderten Lebensstil.

Von Seiten der südkoreanischen Kirchen wird die Erwartung ausgesprochen, dass die Vollversammlung einen starken Impuls zur Überwindung der Teilung Koreas in zwei Staaten geben sollte. Generalsekretär Dr. Young-Ju Kim übermittelte im Rahmen der Konsultation den dringenden Ruf des nordkoreanischen Christenbundes nach humanitärer Hilfe angesichts der dramatischen Nahrungsmittelknappheit in Nordkorea. Nach Schätzung der Vereinten Nationen sind sechs Millionen Menschen akut von der Hungersnot bedroht.

Die koreanischen Kirchen rufen dazu auf, von Westeuropa nach Südkorea auf dem Landweg zur Vollversammlung des ÖRK anzureisen. Der Vorschlag eines symbolischen Friedenszuges („Peace train“), der durch Nordkorea fährt, könne der Forderung nach friedlicher Wiedervereinigung Nachdruck verleihen.