Der "Pate" der EKD im Karneval

Protestantische Sitzung "Prot's" in Köln lockt Prominenz

04. März 2011

Die protestantische Karnevalssitzung Prot's

Köln (epd). Wer erleben will, wie Jesus dem Kölner Kardinal erscheint, der muss nach Bocklemünd kommen. In dem Kölner Stadtteil bieten evangelische Pfarrer in der fünften Jahrzeit wieder ein theologisch-karnevalistisches Kabarett. Seit 1997 erklären sie auf protestantischen Karnevalssitzungen, den "Prot's", immer wieder, wie Kirche wirklich geht - und lüften in diesem Jahr sogar das Geheimnis um die Nachfolge von Papst Benedikt XVI.

Selbst Funktionäre aus Landespolitik und evangelischem Landeskirchenamt wagen sich mittlerweile aus der Düsseldorfer Deckung, um im Kölner Nordwesten karnevalistische Nachhilfestunden zu nehmen. Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) tarnte sich mit Katzenöhrchen. Bei dem "Paten" im italienischen Streifenjackett und mit Sonnenbrille handelte es sich augenscheinlich um den Chef der rheinischen Landeskirche und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider.

Lehrreich für Funktionäre aus Politik und Kirche dürfte die Talkshow "Deutschland bewegt sich" sein, in der ein sportiver Pfarrer vom "Marathonreferat der EKD" in flottem Kurztalar und Radlerhose vom Erfolg seiner "Spritness"-Gottesdienste berichtet. Die Verbindung von Fitness und Spiritualität fülle heute ganze Kirchensäle, erläutert er und verweist auf die gesicherte Refinanzierung klammer Gemeindekassen durch die gesetzliche Krankenversicherungen.

"Wir dürfen für unsere Gottesdienste Krankenscheine annehmen und Praxisgebühr verlangen", berichtet der Theologe. Mit Hilfe von Yoga-Figuren des jeweiligen Sonntags - "Hochzeit zu Kana" oder "Sinkender Petrus" - würden zwei bislang konkurrierende Veranstaltungen am Sonntagmorgen, nämlich Gottesdienst und Seniorengymnastik, zusammengeführt. Laut Vatikan-Gutachten werde durch die Darreichung isotonischer Getränke anstelle von Wein das evangelische Abendmahl nicht noch "ungültiger", als es ohnehin schon sei, zerstreut der Pastor Bedenken.

Pfarrer Wolfram Behmenburg vom Kölner Kirchenkabarett Klüngelbeutel hüpft dann schnell aus der Radlerhose ins Kardinalskostüm. Die Zuschauer werden Zeugen eines Wunders: Jesus erscheint dem Erzbischof von Köln, Kardinal Joachim Meisner. In einer Handpuppennummer streiten sich Jesus und der Kardinal, wer der bekanntere ist. Jesus setzt sich durch und klärt Meisner über das Phänomen der Protestanten auf: "Diese germanische Landplage haben wir uns ausgedacht, um die römischen Katholiken zum Christentum zu bekehren."

Beim "Freundlichen Reisebüro in Jenseits" klingeln unterdessen die Telefone. Das multireligiös ausgerichtete Büro vermittelt etwa Großgruppenflugreisen ins Paradies mit Jungfrauenkontingent und Minibar für einen gewissen Herrn Bin Laden. Auch können Paradiesreisen im Auftrag der römisch-katholischen Kirche gebucht werden, doch die werden in letzter Zeit nicht mehr so häufig nachgefragt, wie Erzengel Gabriel beklagt. Der kompetente Reisebüromitarbeiter - alias Heribert Rösner, Pfarrer und Religionslehrer aus Leverkusen - empfiehlt dem Erzengel, die Vorhölle aus dem Programm zu nehmen. "Eure Kunden lesen in letzter Zeit verstärkt das Kleingedruckte."

Wer sich schon jetzt für die Papst-Nachfolge interessiert, ist ebenfalls richtig im Gemeindesaal der Bocklemünder Auferstehungskirche. Exklusiv dürfen die Zuschauer sich von den theologischen Schulungsfortschritten des Orakel-Kraken Paul überzeugen, der direkt nach der Fußball-WM aus dem Aquarium des Sea-Life Oberhausen entführt und in ein entlegenes Zisterzienserkloster gebracht wurde. Paul wird dort als Papstkrake Paul VII. auf die 265. Nachfolge des Pontifex vorbereit. Acht Mal orakelt, niemals geirrt, das seien beste Voraussetzungen für die Unfehlbarkeit, heißt es.

Der Erlös der Aufführungen unter der Regie von Joschi Vogel geht in diesem Jahr an die Jugendarbeit einer Kölner Kirchengemeinde. Vergangenes Jahr kamen 30.000 Euro ebenfalls der Jugendarbeit zugute.