Fliegenpilze und Glitzerherzen

Bunter Christbaumschmuck erobert seit Ende des 19. Jahrhunderts die Welt

20. Dezember 2010

Produktion von Glas-Christbaumschmuck in Lauscha

Er glitzert und funkelt, der Christbaumschmuck - derzeit allerdings meist noch in den Regalen der Geschäfte. Kugeln und Lametta liegen neben Fußbällen mit Weihnachtsmützen, Glitzerherzen, Fliegenpilzen, Froschkönigen oder Cappuccino-Tassen.

Allein die Firma Krebsglas im thüringischen Lauscha, einer der führenden Hersteller von Christbaumschmuck aus Glas, produziert jährlich zwei Millionen Christbaumschmuckstücke mit 4.000 verschiedenen Kreationen. Gut die Hälfte geht in den Export, vielfach in den Nahen Osten und nach Asien. Nicht umsonst gibt es auch einen gläsernen Buddha im Sortiment.

Oliver Kern von Krebsglas schätzt, dass die Branche jedes Jahr "weltweit einen dreistelligen Millionenbetrag" mit Christbaumschmuck umsetzt. Was heute ein beachtlicher Wirtschaftszweig ist, war der Legende nach einst eine Notlösung eines verarmten Glasbläsers aus Lauscha in Thüringen. Dieser konnte sich die damals üblichen Walnüsse und Äpfel als Christbaumschmuck nicht leisten und stellte sie kurzerhand aus Glas her.

Ein Jahr später, 1848, vermerkt das Auftragsbuch eines Lauschaer Glasbläsers zum ersten Mal einen Auftrag über sechs Dutzend "Weihnachtskugeln". Andere verlegen die Legende von der Erfindung der Christbaumkugel in die Nordvogesen, einem weiteren traditionellen Zentrum der Glasbläserkunst.

Neben den gläsernen Ausführungen von roten Äpfeln, goldenen Eiern oder versilberten Tannenzapfen waren um 1900 bereits, wie es das Glasmuseum Lauscha beschreibt, "schillernde Phantasiesächelchen" auf dem Markt. Zur Auswahl standen Trompeten und Glocken, die klingen können, Weihnachtsmänner, Engel, Häuser, Sonnen, Sterne oder Teekannen. Hauptabnehmer der thüringischen Glaskreationen waren die USA, so wie auch heute der Verkauf ins Ausland eine sehr wichtige Rolle spielt. "Viele US-Amerikaner schmücken ihren Baum jedes Jahr ganz neu", sagt Günther Schlüter vom Glasmuseum in Lauscha. Die Deutschen hingegen bewahrten den Schmuck meist auf und benutzten ihn jedes Weihnachten wieder.

Als Vorläufer des geschmückten Weihnachtsbaumes beschreiben Volkskundler den immergrünen Paradiesbaum des Mittelalters. Im Rahmen eines Paradiesspiels an Heiligabend wurde er mit Äpfeln bestückt und erinnerte an Adam und Eva. Im 16. Jahrhundert dann hielt der Gaben tragende Baum Einzug in die weihnachtlichen Zunftfeiern und in die Paläste des Adels. In den Wohnzimmern bürgerlicher Familien stand er dann von Anfang des 19. Jahrhunderts an.

Eine zentrale Rolle spielte seit schon damals die Beleuchtung. Wie sich bereits Lieselotte von der Pfalz an den Weihnachtsbaum ihrer Kindheit um 1660 erinnerte: "Auf diese Tische stellt man Buchsbäume und befestigte an jedem Zweig ein Kerzchen; das sieht allerliebst aus, und ich möchte es heutzutage noch gerne sehen."

Auch 2010 ist den meisten Deutschen beim Christbaum die Tradition und die Erinnerung an Kindertage wichtiger als neuartige Kreationen, hat Manfred Hoffmannbeobachtet, Kreativ-Direktor des Fachverbands Deutscher Floristen: "Kühler Lifestyle ist out, wir suchen nach Geborgenheit."