„Wer sagt ihr, dass ich sei?“

Bis 2013 wissenschaftliche Neuedition der Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche

23. November 2010

Gedenkblatt zur Überreichnug der Confessio Augustana

„Ich glaube an Gott, den Vater, den Schöpfers des Himmels und der Erde…“ Diese ersten Worte aus dem Apostolischen Glaubensbekenntnis sind weithin bekannt. Weniger bekannt ist dagegen, dass die Niederschrift von Glaubensgrundsätzen als gebündelte Zusammenfassung der Aussagen der Heiligen Schrift vor allem in Krisenzeiten ein fester Bestandteil christlicher Theologie ist. Vor allem im 16. Jahrhundert entstanden zahlreiche Bekenntnisse und solche Schriften, denen man rückblickend den Charakter von Bekenntnissen zuschrieb.

Das Bekenntnis ist eine der Grundformen der Rede unseres Glaubens. Ohne ein solches Bekennen bliebe unser Reden von Gott unklar und missverständlich. Ihren Anfang hat für die Christenheit dieses eindeutige Reden in den ersten Gemeinden genommen, die im Neuen Testament zu Wort kommen. Jesus selbst fragte die Seinen: „Ihr aber, wer sagt ihr, dass ich sei? Da antwortete Petrus und sprach zu ihm: Du bist der Christus!“ Die herausfordernde Frage wird einfach und klar beantwortet. Damit ist von Anfang an klar: Bekennen heißt Antworten.

Das Bekennen ist so zuerst Ausdruck der Freude über die gute Nachricht, über das Evangelium von der freien Gnade Gottes uns Menschen gegenüber. Und in zweiter Linie ist es auch ausdrückliche Abgrenzung von falschen Versprechungen, von anderen Mächten und Gewalten, die über uns zu herrschen beanspruchen. In ihren Bekenntnisschriften antworten die Gemeinden dann auf konkrete Herausforderungen und geben sich und anderen Zeugnis von der Gewissheit ihres Glaubens.

Der damalige Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Manfred Kock, hat einmal gesagt: „Bekenntnisse haben für die evangelische Kirche eine hervorgehobene Bedeutung. Das Bekennen braucht den Dialog mit den Vätern und Müttern des Glaubens. Durch die Auseinandersetzung mit den Texten der Reformationszeit hält die gegenwärtige Kirche das Zeugnis früherer Generationen wach.“

In Vorbereitung auf das Reformationsjubiläum 2017 soll nun ein Projekt der EKD seinen Abschluss finden, dass vor über 20 Jahren begonnen wurde: die Neuedition der Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche. Hierbei handelt es sich um eine grundlegende Neuedition jener Bekenntnistexte, die 1580 Eingang in das sogenannte Konkordienbuch fanden. 1930 wurden sie zum 500jährigen Jubiläum des Augsburger Bekenntnisses in einer ersten wissenschaftlichen Ausgabe gedruckt.

Das Konkordienbuch zielte darauf, die insbesondere nach dem Schmalkaldischen Krieg (1546-1547) und dem sogenannten Augsburger Interim von 1548 ausgebrochenen innerprotestantischen Streitigkeiten zu befrieden und die Evangelischen – auch auf europäischer Ebene – erneut unter einem Bekenntnis zu einen.

Dazu diente in erster Linie die  Konkordienformel, die sich in ihrer Beantwortung der Streitfragen nicht als neues Bekenntnis, sondern als Wiederholung und klärende Interpretation der Confessio Augustana verstand. Sie bildete den Abschluss einer Zusammenstellung von theologisch maßgeblichen und die Lehre Martin Luthers unterstützenden bzw. repräsentierenden Schriften nach dem Vorbild bereits existierender, lutherisch ausgerichteter Schriften für Glauben, Lehre und Bekenntnis.

Das Konkordienbuch wurde am 25. Juni 1580, dem 50. Jahrestag der Übergabe der Confessio Augustana auf dem Augsburger Reichstag, gedruckt veröffentlicht. Es enthält – nach einer Vorrede – die drei Altkirchlichen Bekenntnisse (Apostolicum, Nicaenum und Athanasianum), das Augsburger Bekenntnis (Confessio Augustana, 1530) und dessen Verteidigung (die Apologie der Confessio Augustana, 1530/31), die Schmalkaldischen Artikel (1537), den – auf Philipp Melanchthon zurückgehenden – Traktat von der Gewalt und Obrigkeit des Papstes (Tractatus de potestate et primatu Papae, 1537), den Kleinen und Großen Katechismus Martin Luthers (1528/29) sowie als letztes Stück die Konkordienformel (1577). Für viele evangelische Kirchen haben diese Texte bis heute ihre Geltung behalten.

Für die Neuedition hat sich ein namhaftes Gremium von Kirchenhistorikern unter der Leitung von Prof. Dr. Irene Dingel (Mainz) zusammengefunden. Das Erscheinen der Neuedition der Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche wird für das Jahr 2013 erwartet. Ergänzende Quellenbände sollen in zeitlicher Nähe herausgebracht werden. Weitere Informationen zur Edition der einzelnen Bekenntnisse finden Sie über die Homepage des Instituts für Europäische Geschichte in Mainz.