Gelungene Aufgabenteilung

Vor zehn Jahren starteten die evangelischen Magazine "chrismon" und "zeitzeichen"

04. Oktober 2010

Titelseiten von chrismon und zeitzeichen

Manchmal irren auch Unternehmensberater. Als die Beratungsfirma McKinsey im Frühjahr 1999 das evangelische "Deutsche Allgemeine Sonntagsblatt" untersuchte, kam sie zu dem Schluss, dass der Redaktion der Wochenzeitung nicht mehr viel zuzutrauen sei. Erst recht nicht die Umstellung auf ein monatliches Magazinprodukt, die Chefredakteur Arnd Brummer im Sinn hatte. "McKinsey hat gesagt: Wochenzeitungsjournalisten können das nicht", erinnert sich Brummer, heute Chefredakteur der Nachfolgepublikation "chrismon", die weit über Kirchengrenzen hinaus anerkannt ist.

Dem McKinsey-Urteil folgten kontroverse innerkirchliche Debatten darüber, ob das Blatt ersatzlos eingestellt werden soll. Die Synode, das Kirchenparlament der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), folgte dem Votum nicht. Sie entschied, das Magazinkonzept für zunächst fünf Jahre zu testen. Im Oktober 2000 kam dann der Schnitt: Das "Sonntagsblatt" wurde nach 52 Jahren eingestellt, zugleich erschien die erste Ausgabe von "chrisma", wie das Magazin - das der Wochenzeitung "Die Zeit" und mehreren Tageszeitungen kostenlos beiliegt - damals noch hieß.

Ebenfalls im Oktober 2000 wurden drei kirchliche Periodika zu der neuen Monatszeitschrift "zeitzeichen" fusioniert, die im Abonnement vertrieben wird. Die Aufgabenteilung zwischen "chrismon"- der neue Name wurde 2001 nach einem Streit um Titelrechte gewählt - und "zeitzeichen" war von Beginn an klar: Während "chrismon" vor allem kirchenferne Leserschichten erreichen soll, versteht sich "zeitzeichen" als bundesweites Diskussionsforum des Protestantismus. Die Macher beider Blätter sind zufrieden mit der Entwicklung in den vergangenen zehn Jahren.

Arnd Brummer ist stolz auf die Reportagen über die großen Lebensthemen, die man in "chrismon" immer wieder findet. Vor einiger Zeit erschien eine Geschichte über einen Ehemann, der seine Frau niedergeschossen hatte, weil sie immer wieder fremdgegangen war. "Die beiden sind trotzdem zusammengeblieben, weil jeder zum anderen gesagt hat: Du bist die Liebe meines Lebens", sagt Brummer. Solche Artikel, die "individuelle Lebensakte" beschrieben, würden von den Lesern besonders goutiert.

Dass "chrismon" nicht nur Mainstream-Kost bietet, sieht auch der frühere EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber als Qualitätsmerkmal. Das Magazin finde "gerade dann Gehör, wenn es auch einmal aus dem breiten Strom dessen ausbricht, was als politisch korrekt gilt", schreibt der Theologe in einem Jubiläumsbeitrag für die Oktober-Ausgabe. Derzeit hat das Blatt eine Reichweite von gut 850.000 Lesern.

Trotz der positiven Resonanz aus Leserschaft und Kirche - "chrismon" ist für die EKD längst kein Projekt mehr, sondern unverzichtbarer Bestandteil der evangelischen Publizistik - bleibt die Finanzierung prekär. "Die vier Millionen Euro, die wir jährlich als Zuschuss von der EKD erhalten, reichen nicht", sagt Brummer. Deswegen habe man in den vergangenen Jahren das Anzeigengeschäft angekurbelt und die "edition chrismon" mit Büchern und CDs gestartet. Im Jahr 2005 zog die Redaktion von Hamburg nach Frankfurt am Main um. Dort ist sie nun an das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP) angedockt, das unter anderem auch die Zentralredaktion des Evangelischen Pressedienstes (epd) trägt.

Die Redaktion von "zeitzeichen" sitzt in Berlin. Bis zum Jahr 2000 hatte es drei ähnliche Publikationen gegeben: "Evangelische Kommentare", "Die Zeichen der Zeit/Lutherische Monatshefte" und "Reformierte KirchenZeitung". Der Neustart habe Einspareffekte für die Kirche gebracht, berichtet der Chefredakteur der Zeitschrift, Helmut Kremers. Nach der Fusion sei das Zuschussvolumen um 37 Prozent gesenkt worden. Die Zahl der Abonnenten liege seit einiger Zeit konstant bei 10.000, etwa 70 Prozent der Leser seien bei der Kirche angestellt.

Es sei eine schwierige Aufgabe gewesen, die Profile der drei Blätter zu wahren und gleichzeitig etwas komplett Neues zu schaffen, sagt Kremers. Dies sei aber im Ganzen gut gelungen, weil "zeitzeichen" auch die unterschiedlichen konfessionellen Positionen innerhalb des evangelischen Spektrums berücksichtige. (epd)

Monatsmagazin „chrismon“

Monatszeitschrift „zeitzeichen“