„Immer nur geduldet“

10.000 Roma in Deutschland noch immer ohne verlässliche Lebensperspektive

30. September 2010

Zwei Roma-Kinder in einem Hort

Vor elf Jahren ist Familie B. aus dem aus dem Kosovo nach Deutschland geflohen.  „Seitdem werden wir immer nur geduldet.“ Zwei ihrer vier Kinder sind in Deutschland geboren. Wie ihre älteren Geschwister fühlen sie sich in Deutschland zu Hause. Die Eltern freuen sich darüber, dass sie viele Freunde haben „und in der Schule prima integriert sind.“ Der Vater eine feste Arbeit als Vorarbeiter bei dem Bau einer ICE-Trasse hat. Er ernährt seine Familie eigenständig. Trotzdem bekommen sie in Deutschland kein Bleiberecht. „Die Ausländerbehörde verlangt, dass wir uns kosovarische Pässe besorgen.“ Da dies aber von Deutschland aus unmöglich sei, müsste die Familie in den Kosovo reisen. „Die Ausländerbehörde weigert sich jedoch, uns die für die Aus- und Einreise in den Kosovo erforderlichen Dokumente auszustellen.“

Das Schicksal von Familie B. ist kein Einzelfall. So wie ihnen ergeht es etwa 10.000 Roma aus dem Kosovo. Ihre Situation ist nach wie vor ungeklärt. Offiziell müssen sie in den Kosovo zurückkehren. Das regelt ein Rücknahme-Abkommen zwischen der Bundesrepublik und der Republik Kosovo. Aber internationale Beobachter sind sich einig: Eine Rückkehr dieser Menschen in Würde und Sicherheit ist nicht möglich. Noch 1999 waren Roma unter den Augen der internationalen Gemeinschaft aus Kosovo vertrieben und ihre Häuser zerstört worden. Die humanitäre Lage in den von Roma besiedelten Gebieten des Kosovo stellt sich immer noch als bedrohlich und unmenschlich dar, was vor allem an den ethnischen Spannungen und der Wirtschaftslage liegt. Diesen Schluss zieht der Europäische Kommissar für Menschenrechte, Thomas Hammarberg, der in seinen Berichten die Lebensbedingungen für Roma im Kosovo als höchst problematisch darstellt. Auch der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, António Guterres, kommt zu einer ähnlichen Einschätzung der Situation vor Ort.

Vor diesem Hintergrund setzen sich die EKD und das Diakonische Werk der EKD nach wie vor für ein Bleiberecht für Menschen wie Familie B. ein, die langjährig in Deutschland geduldet werden und sich mittlerweile trotz widriger Umstände gut integriert haben. Sie halten es für erforderlich, die Beurteilung des Kosovo im Lagebericht des Auswärtigen Amtes zu überprüfen, das Rückübernahmeabkommen mit Kosovo aus zu setzen und an zu erkennen, dass „eine Rückkehr in Sicherheit und Würde nach wie vor nicht möglich“ ist.  EKD-Auslandsbischof Martin Schindehütte hatte bereits in seiner Erklärung zum Tag der Menschenrechte 2009 einen Abschiebestopp für Kosovo-Roma gefordert. Es ginge nun vielmehr darum, diesen Menschen eine verlässliche Lebensperspektive zu eröffnen.