„Die Welt zu verändern, verändert dich“

Jugendliche haben Ideale und engagieren sich oft im Ehrenamt

24. September 2010

Foto von zwei junge Frauen, die die ausgegrabenen Fundamente der Küchenbaracke des ehemaligen KZ-Außenlagers in Mörfelden-Walldorf säubern. (Foto: epd-bild / Thomas Rohnke)

Vor einigen Jahren ging die Abiturientin Fiamma Rupp-Gembs nach Guatemala. Von der Armut der Mayakinder und ihrer Familien berührt, engagierte sie sich für ein Jahr in Mittelamerika. Wieder zurück in Deutschland, ging ihr Einsatz weiter: 2004 gründete sie zusammen mit Fernando Soch Hurtado den Verein "Sichere Perspektiven - Secure Perspectives". Der Guatemalteke leitet die Arbeit vor Ort. Ziel ist es, Mayakindern einen besseren Zugang zur Bildung zu schaffen und ihre Gesundheit zu schützen.

Gerade entsteht eine Grundschule im Dorf "La Cipresada". "Mittlerweile haben wir rund 80.000 Euro zusammenbekommen. Es stehen schon vier Klassenräume, drei Räume für Lehrwerkstätten, Toiletten und das Lehrerzimmer", berichtet Lena Barth, die seit 2006 bei "Sichere Perspektiven" ist. Früher habe sie nicht geglaubt, dass ihre Arbeit so erfolgreich sein könnte: "Fiamma war optimistischer. Sie sagt immer sofort, dass wir alles schaffen", erzählt die Pädagogin, die bislang bei einer Organisation für Schüleraustausch arbeitete. Ihr Traum ist es, irgendwann von "Sichere Perspektiven" leben zu können. Denn dort arbeitet bisher jeder ehrenamtlich.

Vom 17. bis 26. September findet zum sechsten Mal die Aktionswoche zum bürgerschaftlichen Engagement statt. Unter dem Motto "Engagement macht stark" stellen 1.400 Vereine, Verbände und Initiativen ihre Aktivitäten vor. Dabei wird auch der Einsatz derer gewürdigt, die sich für das Gemeinwohl einsetzen. Nach einer Studie im Auftrag der Bundesregierung aus dem Jahr 2009 sind rund 36 Prozent der Bürger über 14 Jahren in Deutschland ehrenamtlich aktiv.

"Von einem geschätzten Drittel gehen wir auch bei den Jugendlichen aus", sagt Matthias Scheffelmeier von der "Ashoka Jugendinitiative" in Berlin. Es sei ein Vorurteil, dass die jungen Menschen von heute über keine Ideale verfügten und kein soziales Engagement zeigten.

Allerdings hat sich laut Scheffelmeier der freiwillige Einsatz Jugendlicher gewandelt. Ein Amt in einem Verein oder einem Verband stehe nicht mehr so hoch im Kurs. Jugendliche engagierten sich eher projektbezogen. "Sie helfen lieber spontan der Nachbarin beim Einkaufen, als sich jahrelang einer Sache zu verschreiben", sagt der Projektmanager von der weltweiten Ashoka-Initiative. Daher ist es auch schwierig, genau zu erheben, wie viele Jugendliche sich tatsächlich ehrenamtlich betätigen. Manche Studien gegen von 18 bis 20 Prozent aus, manche von mehr als 70 Prozent.

Nach Einschätzung von Claus Tully vom Deutschen Jugendinstitut in München ist es ein Hauptmerkmal der jungen Generation, sich nicht festlegen zu wollen. Parteien, Kirche, Gewerkschaften oder Vereine spürten das. Vor einer längeren Bindung scheuten Jugendliche zurück. Frühere Jugendgenerationen seien idealistischer gewesen. Heute sei die Jugend eher pragmatisch, um den gesellschaftlichen Anforderungen standhalten zu können, sagt Tully.

Scheffelmeier, der seit Jahren mit Teenagern soziale Projekte entwickelt, bestätigt das. So unterschiedlich wie die Lebensgeschichten sei auch die Motivation, etwas zu bewegen: Ehemalige Drogensüchtige starten Anti-Drogen-Kampagnen und türkische Mädchen machen auf Zwangsheirat aufmerksam.

Laut Scheffelmeier brauchen viele Jugendlich nur etwas Starthilfe zum ersten Schritt eines sozialen Projekts und Gleichgesinnte, die mitmachen. "Dann werden sie selbst ganz schnell zu begeisterten Machern, Vorbildern und Multiplikatoren." Denn, so sagt er Jugendlichen immer wieder: "Die Welt zu verändern, verändert dich selbst." (epd)