Vertonte „Freiheit eines Christenmenschen“

Uraufführung in der Dresdner Frauenkirche

23. September 2010

Foto der Dresdner Frauenkirche bei Nacht. (Foto: epd-bild / Matthias Rietschel)

"Erst dachte ich, es geht überhaupt nicht", gesteht der Dresdner Komponist Eckehard Mayer. Aber Luther sollte es sein. Musste es sein, verbessert sein Auftraggeber Ludwig Güttler. Der prominente Trompeter, Dirigent und Vorsitzende der Gesellschaft zur Förderung der Dresdner Frauenkirche hat ein ehrgeiziges Ziel.

Bis zum Reformationsjubiläum 2017 will sein Förderverein mehrere Texte von Martin Luther (1483-1564) vertonen lassen und in der Dresdner Frauenkirche uraufführen. Damit will der Startrompeter der geistlichen Musik in der Frauenkirche "etwas an Substanz hinzufügen". Ein erstes Auftragswerk, Siegfried Thieles "Evangelien-Vesper", war bereits 2008 zu hören.

Mayer hat nun eine zweite Luther-Komposition vorgelegt. Grundlage ist das theologische Traktat des Reformators "Von der Freiheit eines Christenmenschen". Für Güttler ist es einer der wichtigsten Luthertexte, hochmodern und aktuell. Mayer erzählt, er habe ein Vierteljahr damit verbracht, dazu ein Libretto zu schreiben. Der thesenhafte Luthertext sei im Original weder poetisch noch singbar, sagt der Komponist, dessen musikalische Laufbahn im Dresdner Kreuzchor begann.

An diesem Freitag kommt das 45-minütige Werk für Bariton, Chor, Klavier und Kammerensemble im Rahmen der diesjährigen Frauenkirchen-Festtage unter Güttlers Leitung zur Uraufführung. Interpretiert wird es von dem Sänger Andreas Scheibner, Jobst Schneiderat (Klavier), dem Sächsischen Vokalensemble und Solisten der Virtuosi Saxoniae. Bewusst sei es für eine kleinere Besetzung geschrieben. Damit erhofft sich Güttler eine "nachhaltige Ausbreitung".

Das dreiteilige Werk ist nach Mayers Angaben weder eine Kantate noch ein Oratorium, eher eine "musikalische Szenenfolge" mit moderner Klanglichkeit. Er war bemüht, kein pathetisches Stück zu schreiben, sagt er. Seine Musik sei dramatisch, hell, klar, freundlich, sachlich, lyrisch. Der "einzige sentimentale Punkt", den er sich leistet, sei eine hohe Trompete aus der Ferne. Sie soll aus der barocken Kuppel der Frauenkirche erklingen und von "Luthers unsterblich, aktuell gebliebener Schrift künden".

Der Dresdner Kompositionsprofessor Franz Martin Olbrisch begrüßt das Projekt zum Reformationsjubiläum. Das sei eine Möglichkeit, die Neue Musik aus ihrer Isolation herauszuholen, sagt er. Und es sei eine Chance, etwas über den Moment hinaus zu schaffen. Olbrisch rät aber, den Komponisten, die nicht aus dem Protestantismus kommen, für die Luther-Vorlagen einen Dramaturgen zur Seite zu stellen.

Die ganz große Zeit der Kirchenkompositionen sei zwar vorbei, sagt Olbrisch. Kirchenmusiker und ihre Zuhörer seien jedoch "offen für neues Material". Allerdings bleibe die Rezeption oftmals den Profis vorbehalten. Bei der Aufführung zeitgenössischer Kompositionen seien viele Kirchengemeinden einfach überfordert.

Bis 2017 sollen noch drei weitere Auftragswerke der Fördergesellschaft aufgeführt werden. Im Reformationsjahr plant der Verein dann, die fünf Luther-Vertonungen für die Frauenkirche zusammenzuführen. Geplant seien entweder ein Festival oder Konzerte über das Jahr verteilt, sagt Güttler. Darüber hinaus sollen die Kompositionen auch an anderen Orten, vor allem aber an berühmten Lutherstätten, zu Gehör kommen. (epd)