Tödliches Risiko Mutterschaft

In Afrika sterben immer noch viele Frauen bei Geburten

19. September 2010

Foto von drei jungen Frauen in Südafrika. (Foto: epd-bild / Florian Kopp)

Lindy Daddy wohnt in einem adretten Haus in einer Schwarzensiedlung am Rand der Großstadt Johannesburg. Die zweifache Mutter ist wieder im achten Monat schwanger. Für die Vorsorge-Untersuchungen hat sie nur zehn Minuten zu Fuß zum Gesundheitszentrum. "Das ist sehr praktisch", freut sich die 35-Jährige. Doch Mutterschaft bleibt in Südafrika ein hohes Risiko. Viele Frauen sterben immer noch bei Geburten.

Wie Daddy lassen sich über 90 Prozent der Mütter in Südafrika mindestens ein Mal während der Schwangerschaft untersuchen. Fast alle Kinder kommen unter medizinischer Aufsicht zur Welt, wie aus den Daten der Weltgesundheitsorganisation hervorgeht. Damit liegt Südafrika weit über dem afrikanischen Durchschnitt: Da werden nur 46 Prozent der Geburten von Fachpersonal betreut.

Trotzdem können südafrikanische Staatsmänner nicht mit erhobenen Haupt zum UN-Gipfel über die Millenniumsziele nach New York fahren. Ziel fünf sieht eine Reduzierung der Müttersterblichkeit zwischen 1990 und 2015 um drei Viertel vor. Südafrika ist weit davon entfernt.

Die stärkste Wirtschaftsmacht Afrikas weist 400 Todesfällen je 100.000 Geburten immer noch eine sehr hohe Müttersterblichkeit auf. Da tröstet es wenig, dass die Lage Afrika-weit noch düsterer ist: Im Durchschnitt verlieren zwischen Kairo und Kapstadt bei 100.000 Geburten 820 Frauen ihr Leben. Zum Vergleich, in Deutschland sterben bei 100.000 Geburten sieben Frauen.

Nur wenige schwarze Frauen in Südafrika können sich eine private Krankenversicherung und private Kliniken leisten. Besonders erschreckend ist, dass die Müttersterblichkeit zwischen 2005 und 2007 sogar um 20 Prozent anstieg, wie eine im Auftrag der Regierung erstellte Studie ergab.

Die meisten Todesfälle gab es in Kliniken. Die Experten vermuten als Grund, dass die Akten der werdenden Mütter nicht genügend beachtet werden. Es würden falsche Diagnosen gestellt, und es fehle dem Personal vielfach an Kompetenz. Über ein Drittel der Todesfälle sei vermeidbar. "Die Qualität der medizinischen Behandlung ist sehr besorgniserregend", gab selbst Gesundheitsminister Aaron Motsoaledi im Juli zu.

Mütter, dazu zählen in der Statistik Schwangere und Mütter bis 42 Tage nach der Geburt, sterben hauptsächlich an hohem Blutdruck, Blutungen und Infektionen, besonders im Zusammenhang mit Aids. Jede zweite Tote ist HIV-positiv. Die Regierung will nun eine bessere medizinische Grundversorgung zur Priorität ihrer Gesundheitspolitik machen.

Die Mütter selbst suchten auch zu unregelmäßig und zu spät medizinische Hilfe, sagen die Autoren des Berichts. Dies gilt als Hauptgrund für Totgeburten. Daddy zum Beispiel hat dieses Mal bis zum sechsten Monat gewartet, bevor sie zum ersten Mal zum Krankenhaus ging: "In der Klinik muss man lange warten. Ein ganzer Arbeitstag geht dabei drauf."

Wenn sie freinimmt, gibt es oft Probleme. "Es ist schwierig mit meinem Arbeitgeber", sagt Daddy, die allein mit ihrem kleinen Lohn von 3.300 Rand (360 Euro) im Monat für die vierköpfige Familie sorgt. Ihr Mann ist arbeitslos. Eine medizinische Nachsorge nach der Geburt hat die zweifache Mutter noch nie erhalten. Bisher blieb sie lediglich eine Nacht im Hospital, und brachte später die Babys zu den Untersuchungen.

Dass man die Kinder- und Müttersterblichkeit ohne großen Aufwand senken kann, zeigt Mmabatho Kekana. Die Ärztin leitet eine Klinik in KwaZulu-Natal, der südafrikanischen Provinz mit der höchsten HIV-Rate. Die Medizinerin erstellte einfach eine Datenbank über die HIV-infizierten Frauen im Einzugsbereich der Klinik: Allein dadurch verringerte sich die Übertragung des Virus von der Mutter zum Kind in zwei Jahren von 75 Prozent auf acht Prozent: Die Klinik konnte vor und während der Geburt Aids-Medikamente einsetzen. (epd)