Bibelfest auch bei Windstärke neun

Seelsorgerin auf Großer Fahrt

13. Juli 2010

Bordseelsorgerin Iris Schmitt beim Landgang

Wenn Pfarrerin Iris Schmitt im Gottesdienst in Einöllen das Lied „Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt“ anstimmt, kann es vorkommen, dass ihre Gedanken abschweifen. Vielleicht denkt sie dann an ihre nächste Kreuzfahrt, die sie als Bordseelsorgerin wieder an fremde Ufer führt.

Die meiste Zeit des Jahres hält die 37-Jährige ihr Gemeindeschiff auf Kurs. Aber alle zwei Jahre  begibt sie sich für mehrere Wochen zum Predigen auf schwankende Planken. Iris Schmitt ist Bordseelsorgerin auf Kreuzfahrtschiffen wie beispielsweise der „MS Amadea“, wo die Pfarrerin in diesem Sommer die Passagiere auf der Ostseeroute ab Hamburg über St. Petersburg und Stockholm begleitet hat. Gottesdienste, Andachten, Vorträge, seelsorgerliche Gespräche mit Passagieren und mit Besatzungsmitgliedern gehören zu ihren Aufgaben. An Bord gelten in vielerlei Hinsicht andere Gesetze. Dort sind an den Tisch des Herrn alle Konfessionen eingeladen. „Bordgottesdienste mit Abendmahl sind ökumenisch offen“, sagt Iris Schmitt. Kollekten kommen der evangelischen Auslands- und Auswanderungsberatung zugute.

Hochzeit, Taufe, Trauerfeier - die Pfarrerin aus der Pfalz muss für alles vorbereitet sein. Drei Goldene Hochzeitspaare hat sie als Bordseelsorgerin schon gesegnet. Andachten versucht sie jeden Tag anzubieten, Gottesdienstzeiten richten sich nicht nach Sonn- und Feiertagen, sondern nach dem Fahrplan. „Da wird der Sonntagvormittaggottesdienst eben auch mal am Samstagabend gefeiert“, sagt Schmitt. Die Predigten schreibt sie meistens auf dem Schiff.

Wenn sie ihre Koffer für die Zeit an Bord packt, sind darunter zwei Kerzen, die Bibel, Texte, Liedblätter - und ein Englischwörterbuch. Die Schiffscrew ist eine bunt zusammengewürfelte Mannschaft, das Sprachengewirr mitunter „babylonisch“. Dienstsprache ist deshalb englisch, auch bei den Gottesdiensten für die Schiffsbesatzung. An eine weitere Besonderheit auf Kreuzfahrtschiffen musste sich Iris Schmitt gewöhnen: Pfarrer werden als „Künstler“ geführt - so wie etwa die Mitglieder der Musikkapelle.

Seit sie 2004 zum ersten Mal privat mit dem „Traumschiff“ Kurs auf Kanada nahm, ist Iris Schmitt, deren eher bodenständige Leidenschaft zuhause in der Pfalz dem FC Kaiserslautern gilt, begeisterte Kreuzfahrt-Reisende. Ein Jahr später, Schmitt war in südnorwegischen Gewässern unterwegs, wurde sie vom Schiffspersonal auf Bordseelsorge angesprochen. Der Funke zündete, das Aufnahmegespräch als Bordseelsorgerin beim Verein für Evangelische Auslandsberatung in Kooperation mit der EKD verlief zur gegenseitigen Zufriedenheit. Die erste „Dienstreise“ 2008 ging mit dem Turbinenschiff „TS Maxim Gorki“ ins östliche Mittelmeer. Auf Reisen geht Schmitt im Wechsel mit ihren katholischen Kollegen, in der Regel jedes zweite Jahr. An Bord sind Kost und Logis frei, Getränke und Landausflüge gehen auf eigene Kosten. Beim „Diner“ sitzen die Seelsorger auch schon mal an der Seite des Kapitäns.

Als Bordseelsorgerin muss die Pfarrerin aus der Pfalz nicht nur Bibel-, sondern auch Seefest sein. Damit habe sie keine Probleme, sagt Iris Schmitt. Sie habe schon bei Windstärke neun mit gutem Appetit am Abendessen teilgenommen.