Renn Oma, renn!

Die kickenden Großmütter haben in Südafrika eine eigene Liga

23. Juni 2010

Training bei den kickenden "Vakhegula-Vakhegula" (Tsonga für Oma-Oma) in Südafrika (Foto: epd-bild / Saskia Wiha)

In geblümten Kitteln und bunten Kopftüchern traben sie über den staubigen Bolzplatz. "Los Maradona, hierher. Maradona gib ab!", rufen zehn Omas gleichzeitig. Es ist Training bei den kickenden "Vakhegula-Vakhegula", was in Tsonga, der Sprache, die im nordöstlichen Südafrika gesprochen wird, Oma-Oma heißt. Zwei mal 20 Minuten dauert ein Spiel, davor müssen die 30 Großmütter einmal die Platzlänge entlangjoggen, und zum Abschluss werden Elfmeter geübt.

Trainer Romeo Rekotso ist strikt in seinem Trainingsprogramm. "Unsere Omis sind super-fit, sie können inzwischen 45 Minuten rennen." Als er 2007 anfing, das Vakhegula-Team 2007 in Tzaneen im Norden Südafrikas zu trainieren, sei daran nicht zu denken gewesen, sagt der 21-jährige Fußballtrainer.

"Vor drei Jahren bin ich noch am Stock gegangen", sagt grinsend die Kapitänin der Oma-Mannschaft, Rinette Mochoana (60). Auch Christina Machebe alias Maradona (62) fühlt sich fitter, gar nicht wie eine fünffache Mutter und zwölffache Großmutter. Sie habe ihre Diabetes, die Rückenschmerzen und die Arthritis im Griff und komme weitgehend ohne Medikamente aus. "Und ich schlafe wieder gut", fügt sie schnaufend hinzu, als sie vom Feld gerannt kommt, um eine fünfminütige Verschnaufpause für ein kurzes Schwätzchen am Platzrand zu nutzen.

Den Spitznamen Maradona hat sich Machebe selbst gegeben, aber inzwischen sind ihre flinken Angriffe und schnellen Schüsse so bekannt, dass selbst ihre Familie, die zu jedem Spiel zum anfeuern kommt, sie nur noch nach der argentinischen Fußballlegende nennt. Beim Anblick der quirligen Frau kann man sich gar nicht vorstellen, dass sie vor ihrer Zeit als Fußballerin eigentlich nur noch ihr schlichtes Zwei-Zimmer-Häuschen geputzt, Maisbrei gekocht und herumgesessen hat.

Genau da wollte Gründerin Beka Ntsanwisi (42) ansetzen. "Ich habe die Frauen immer nur rumsitzen und über ihre Gebrechen reden sehen", erzählt die Radiomoderatorin, die sich im Dorf für mehrere soziale Projekte engagiert. Ein eigenes Krebsleiden habe schließlich den Anstoß gegeben, die Mannschaft für Großmütter ins Leben zu rufen. Durch den Sport würden die alten Frauen aktiver und gesünder.

"Meine Freunde haben mich ausgelacht, als ich anfing die Omis zu trainieren", lacht Rekotso. Er selbst sei auch ziemlich skeptisch gewesen, gibt er zu. Als er die 51- bis 84-jährigen dahin schlurfenden Omas sah, die nicht einmal mehr eine Schubkarre schieben konnten, konnte er sich nicht vorstellen, dass eine von ihnen je einen Ball mit Wucht ins Tor schießen würde, geschweige denn eine von ihnen sich als Torwart in den Staub fallen lassen und den Ball abblocken würde.

"Da hatte ich mich aber mächtig getäuscht", räumt Rekotso ein. Inzwischen gibt es eine Oma-Liga bestehend aus acht Mannschaften in der südafrikanischen Provinz Limpopo. Vakhegula-Vakhegula steht an der Spitze. "Noch kein Spiel haben die verloren, dank Maradona und Kapitänin Mochoana", zeigt sich der Trainer zufrieden. Die beiden dominieren das Spielgeschehen. Sie trippeln kunstvoll mit dem Ball, grätschen dazwischen, um der Gegnerin den Ball abzujagen und dirigieren schreiend ihre Kolleginnen. Viel gelacht und gejohlt wird dabei, denn der Spaß ist das Wichtigste für alle beim Spiel. Ein bisschen sitzt ihnen dabei auch der Schalk im Nacken, denn "früher durften wir ja nicht spielen. Fußball war nichts für Mädchen", sagt Maradona mit Genugtuung.

"Vakhegula-Vakhegula hat mein Leben wieder lebenswert gemacht", sagt das älteste Mannschaftsmitglied, die 84-jährige Norah Makubele, während sie sich im Schatten eines Baumes die blauen Stollenschuhe zuschnürt. Makubele erlitt sechs Schlaganfälle und zieht deshalb ein Bein nach. "Ich kann zwar nicht mehr richtig rennen, aber ich liebe Fußball über alles", betont sie.

Dass die Fußball-Weltmeisterschaft jetzt in Südafrika stattfindet sei "einfach großartig", freut sich Makubele. Sie und ihre Mannschaft haben Tickets geschenkt bekommen und werden somit hoffentlich einige ihrer Stars in Aktion erleben. Sie sei nach drei Jahren Training und nur gewonnenen Spielen komplett fußballverrückt, strahlt die weitgehend zahnlose Frau. "Ich werde noch bis an mein Lebensende Fußball spielen". (epd)