Halleluja mit Herz und Händen

Der taubblinde Peter Hepp ist Diakon und hält beim Ökumenischen Kirchentag eine Bibelarbeit

11. Mai 2010

Betreuer und Taubblinder im Taubblindendorf Fischbeck bei Hameln

Wenn Peter Hepp eine Messe für taubblinde Menschen feiert, dann gibt es keine Orgelmusik, sondern Trommelrhythmen, die auch für Gehörlose spürbar sind. Außerdem bringt jeder Gottesdienstbesucher seinen persönlichen Assistenten mit, der ihm die Worte der Predigt mit Hilfe eines Berührungsalphabets in die Handfläche malt. "Lormen" nennt sich das.

Eine Predigt für Taubblinde besteht aus sieben bis zehn Sätzen. "Hier sind klare Worte gefragt, kein Geplapper", weiß Peter Hepp aus Rottweil. Er ist der erste taubblinde Diakon Deutschlands und Seelsorger für die etwa 600 seh- und hörbehinderten Menschen in der Diözese Rottenburg-Stuttgart.

Manchmal verwendet Hepp bei seiner Verkündigung ein Herz aus Pappe, ein Fladenbrot oder andere Dinge, die jeder Besucher "begreifen" kann. Jeder Kontakt, alle Kommunikation läuft über Berührung. "Wir Taubblinde müssen alles anfassen. Nur was wir ergreifen, können wir begreifen," sagt der katholische Seelsorger.

Deshalb gilt Thomas, der zweifelnde Jünger Jesu als Schutzpatron der Taubblinden. Denn er wollte nach der Auferstehung seines Herrn unbedingt dessen Wunden berühren.

Als Peter Hepp vor vielen Jahren die Sprachtherapeutin Maita kennenlernte, war es "Liebe auf die erste Berührung". Heute ist er mit der zierlichen Deutschitalienerin verheiratet. Mit ihr unterhält er sich in der Gebärdensprache. Da er nicht mehr sehen kann, erfühlt er sie mit den Händen. Seine zwei Söhne, vier und sechs Jahre alt, "sprechen" mit ihrem Vater auch die taktile Gebärdensprache.

"Die Gebärdensprache ist meine Sprache des Herzens, meine Muttersprache", sagt Hepp. Sie lernte er schon als kleiner Schuljunge, in einem katholischen Internat für Gehörlose in Schwäbisch Gmünd. Obwohl er damals noch sehen konnte, hatte er auch als gehörloses Kind das Gefühl, ausgeschlossen zu sein und ungerecht behandelt zu werden: "Mir traute man deutlich weniger zu als gleichaltrigen gesunden Kindern."

Im Internat lernt der Bauernjunge die Lautsprache - für einen tauben Menschen eine Höchstleistung. "Man gab uns jedoch deutlich zu verstehen, dass es uns niemals vollkommen gelingen würde. Das war niederschmetternd."

Doch der begabte junge Mann kämpft für seine Ziele. Er wird Maschinenschlosser und später ein beliebter Ausbilder für blinde und gehörlose Lehrlinge in Heiligenbronn. Als er mit 32 Jahren völlig erblindet, seinen Führerschein abgeben muss und seinen Beruf nicht mehr ausüben kann, zweifelt Peter Hepp an Gott, weil er ihm als Tauben auch noch das Augenlicht nimmt.

"Mein Herz hat aber gespürt, dass Gott mehr als ich weiß", sagt Diakon Hepp heute. Durch seine eigenen Einschränkungen kann er sich viel besser als ein gesunder Mensch in die Lage blinder oder tauber Menschen einfühlen. Er weiß, wie es ist, wenn man als hilfsbedürftig angesehen und bevormundet wird.

In seiner Arbeit als Diakon berät er auch Pflegepersonal, wie sie mit Taubblinden umgehen können. "Die Gesunden haben immer Angst, uns zu berühren und anzufassen, doch das ist unsere Art der Kommunikation."

Im Büro des Diakons ist ein Bild zu sehen, auf dem fünf Brote und zwei Fische zu erkennen sind. Sie sollen an die biblische "Speisung der Fünftausend" erinnern. "Jeder bekommt etwas bei Jesus zu essen. Niemand ist ausgeschlossen", sagt Hepp. Dieser Gedanke gefällt ihm. Vielleicht wird er dieses Bild auch bei seinen Bibelarbeiten verwenden, die er auf dem 2. Ökumenischen Kirchentag im Mai in München halten wird. (epd)

Buchhinweis: Peter Hepp, "Die Welt in meinen Händen: Ein Leben ohne Hören und Sehen", Ullstein-Verlag, 2007.