Vancouver: Olympiapfarrer Weber zieht Bilanz

Die XXI. Olympischen Winterspiele sind zu Ende

01. März 2010

Thomas Weber, Olympiapfarrer, mit den Medaillengewinnerinnen im Rodeln, Natalie Geisenberger und Tatjana Hüffner

Mit einer farbenfrohen und stimmungsvollen Abschlussfeier sind die 21. Olympischen Winterspiele in Vancouver zu Ende gegangen. Kurz nach dem Sieg der kanadischen Eishockeymannschaft am Nachmittag kannte die ausgelassene Freude der Gastgeber keine Grenzen mehr. "Ich bin stolz darauf, ein Kanadier zu sein", dieses Bekenntnis bestimmte die Siegesfeiern bis in die Nacht hinein.

Tatsächlich hat die Ausrichtung der Olympischen Winterspiele der kanadischen Nation wohl ein ganz neues Zusammengehörigkeitsgefühl gegeben. Die große Anzahl der gewonnenen Goldmedaillen führte im Verlauf der 17 Wettkampftage zu einer Euphorie, die anfangs keiner für möglich gehalten hatte. Uns ausländischen Besuchern gegenüber präsentierten sich die Kanadier als sehr freundlich, hilfsbereit und geduldig. An allen Veranstaltungsorten herrschte eine große Begeisterung, geprägt von einer wohltuenden Fairness.

Auch im deutschen Team waren fast ausschließlich fröhliche und zufriedene Gesichter zu sehen. Die angestrebte Zahl der vorderen Platzierungen ist mehr als erfüllt worden, was der Platz unter den besten drei in der Nationenwertung eindrucksvoll beweist. Gerade die Tatsache, dass die Medaillen auf breiter Ebene in vielen verschiedenen Sportarten errungen wurden, sorgte für eine große Erleichterung bei den Verantwortlichen der Mannschaftsleitung.

Als ungerechtfertigte Kritik habe ich andererseits so manchen Beitrag in den deutschen Medien empfunden. Da war in reißerischer Aufmachung davon die Rede, dass Sportlerinnen und Sportler "nur" die Bronzemedaille errungen hätten; ein Platz außerhalb der Medaillenränge galt manches Mal als Katastrophe. Mag sein, dass in unserem Land viele denken: "Mit dieser schiefen Berichterstattung müssen die Athleten einfach leben, denn sie verdienen sie ja sehr gut und erhalten damit sozusagen ein angemessenes Schmerzensgeld." Für die allermeisten der Wintersportler trifft diese Skizzierung aber in keinster Weise zu.

Bis auf wenige Ausnahmen bezeichnet sich kaum einer aus der deutschen Olympiamannschaft als Profisportler. Der Großteil der deutschen Olympiateilnehmer/-innen ist bei der Bundespolizei oder Bundeswehr beschäftigt. Bei der Beurteilung der Leistungen darf auch nicht außer acht gelassen werden, dass der Zeitaufwand, der in den Sport investiert wurde, bis man es zu den Olympischen Spielen geschafft hat, gewaltig war.

In jungen Jahren haben viele bereits mit intensivem Training begonnen. Der Aufstieg zur Weltspitze war hart und entbehrungsreich. Wer dazu gehört, ist eigentlich die meiste Zeit des Jahres unterwegs. Die Weltcupsaison hat in diesem Winter beispielsweise für die überwiegende Anzahl der Sportarten schon im September des vergangenen Jahres begonnen. Eine Unterbrechung fand nur für kurze Zeit über die Weihnachtsfeiertage statt. Auf diesem Hintergrund sind die gezeigten Leistungen gar nicht hoch genug einzuschätzen. Für zahlreiche ältere Aktive ist nach den Spielen in Vancouver Schluss. Ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Andere wiederum haben die nächsten Winterspiele in Sotschi in vier Jahren vor Augen.

Ein Traum wäre es, wenn der Austragungsort in acht Jahren dann München hieße. Zur Unterstützung dieser Bewerbung hat sicherlich das erfolgreiche Auftreten der deutschen Mannschaft in den zurückliegenden beiden Wochen beigetragen. Ein weiter Weg steht aber noch bis zu einem möglichen erfolgreichen Abschluss der Bemühungen bevor.